Leitsätze

1. Mindestens 199 Abmahnungen innerhalb von 8 Tagen indizieren die Rechtsmissbräuchlichkeit einer Abmahntätigkeit, insbesondere dann, wenn die Forderung aus den Abmahnungen in ihrer Summe den Nettoerlös der Geschäftstätigkeit übersteigt.

2. Ein weiteres Indiz für die Rechtsmissbräuchlichkeit ist, wenn bis auf die gerichtlich geltend gemachten Unterlassungsklagen, die nur erhoben wurden, um die negative Feststellungsklage umgekehrten Rubrums unzulässig werden zu lassen, keine weiteren Unterlassungsansprüche gerichtlich durchgesetzt wurden.

3. Zusätzliches Indiz für einen Rechtsmissbrauch ist die automatisierte Ermittlung von Rechtsverstößen durch eine Suchsoftware, da mit dieser Software ohne großen Aufwand Rechtsverstöße festgestellt werden konnten.

Die Entscheidung im Volltext

Urteilsanalyse im Video-Blog IT-Recht

Zur Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung wegen des Impressums auf Facebook (OLG Nürnberg)

Der 3. Zivilsenat subsumierte in erfrischender Deutlichkeit die Missbräuchlichkeit der geltend gemachten Unterlassungsansprüche und stellte lehrbuchmäßig die Abmahntätigkeit in Bezug zur Geschäftstätigkeit.

Anzahl der Abmahnungen

Die Nürnberger Richter folgten damit vollumfänglich der diesseitigen Argumentation, wonach nicht nur durch die Anzahl der Abmahnungen und der damit verbundenen Gebühren im Verhältnis zur Geschäftstätigkeit, sondern auch den Risiken durch negative Feststellungsklage in Anspruch genommen werden, außer jeglichem vernünftigen Verhältnis stand.

Überdies – und dies ist in der Rechtsprechung neu – wertete das Gericht das massenhafte systematische Durchforsten mittels einer automatisierten Software an nur einem Tag als weiteres Indiz für den Rechtsmissbrauch.

Schließlich war als weiteres Indiz für die Rechtsmissbräuchlichkeit zu werten, dass nur in den zwei Fällen Unterlassungsklage erhoben wurde, in denen zuvor negative Feststellungsklage eingereicht wurde.

Wenngleich sich das Gericht infolge der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht mehr zur Frage äußern musste, ob ein Verstoß gegen die Anbieterkennzeichnungspflicht gem. § 5 TMG vorlag, wies das OLG doch darauf hin, dass es sich lediglich um Formalverstöße handelt, durch Unterlassen eines vollständigen Impressums, weshalb nennenswerte Wettbewerbsnachteile nicht ersichtlich sind.

Revision nicht zugelassen

Von besonderer Bedeutung ist abschließend, dass der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zugelassen hat. Dies erklärt sich daraus, dass bei einer Entscheidung über die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit des Impressums unter dem Info-Reiter wegen unterschiedlicher Entscheidungen der Oberlandesgerichte der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung gehabt hätte. Aufgrund der wettbewerbsrechtlichen Einzelfallbetrachtung ist demgegenüber der Weg zur Revision nicht eröffnet.

Da der Streitwert zudem unter EUR 20.000,- liegt, kann die Nichtzulassung der Revision auch nicht mit einer Nichtzulassungsbeschwerde angegriffen werden (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO), so dass die Entscheidung rechtskräftig und damit vorläufig vollstreckbar ist.

E-Mail senden

Verfahrensbevollmächtigter

Rauschhofer Rechtsanwälte RA Dr. Hajo Rauschhofer – FA IT-Recht Richard Wagner-Str. 1 – 65193 Wiesbaden – Tel.: 0611/5325395 – Fax: 0611/5325396. Die Kanzlei Rauschhofer Rechtsanwälte berät und vertritt bundesweit im IT- und Internetrecht. Herr Dr. Rauschhofer ist seit 1996 als Rechtsanwalt tätig und darüber hinaus Fachanwalt für Informationstechnologierecht.
E-Mail senden

Berufungsklägerin und Beklagte
LAMARC EDV-Schulung und Beratung GmbH
Sonnenberger Straße 14, D-65193 Wiesbaden, Tel.: +49 (0)611-26 00 23, Fax.: +49 (0)611-26 16 33, eMail: info@lamarc.com, http://www.lamarc.com