Pressemitteilung Kanzlei Rauschhofer / rechtsanwalt.de

Wiesbaden/Mainz, 14.10.2022

In einem Bußgeldverfahren vor dem Amtsgericht Mainz ging es um den Vorwurf des Windsurfens als Schifffahrt bei Hochwasser. Der Wiesbadener Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht, Dr. Hajo Rauschhofer, zugleich Windsurfer, führte im  Februar 2021 – während der Coronazeit – ein Windsurfbrett auf dem Rhein in Höhe Oestrich. Zu diesem Zeitpunkt galt für Mainz und Oestrich mit eigenständigen Pegeln die Hochwasserstufe I. Im rheinabwärts liegenden Pegel Bingen wurde die Hochwasserstufe II von 4,90 m um 6 cm überschritten.

Ein mit zügiger Fahrt auf den Windsurfer zueilendes Polizeiboot identifizierte
Dr. Rauschhofer mit seiner internationalen Wettkampfnummer G-619; die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt des Bundes, erhob den Vorwurf der Schifffahrt bei Hochwasser und erließ einen Bußgeldbescheid über € 300,-

Dagegen wandte sich der Wiesbadener Rechtsanwalt mit Einspruch vor dem Amtsgericht Mainz. Ein Hauptargument des Windsurfers war, dass der Pegel in Bingen nicht maßgeblich sein kann, weil zum einen keine Berg- und Talfahrt erfolgte, zum anderen für die Querfahrt Höhe Oestrich ein eigenständiger Pegel gegeben war, der ein Surfen erlaubte.

Vor allem aber handelt es sich bei dem Windsurfen nicht um Schifffahrt; zu Demonstrationszwecken präsentierte Rauschhofer dem Gericht im Gerichtsaal ein Surfbrett, um das Verständnis noch einmal zu schärfen.

Schließlich beanstandete der Surfer, dass trotz ausdrücklicher Vorschriften, die Generaldirektion kein Ermessen gebrauchte – dies bei einer äußerst geringfügigen Überschreitung (6cm bei 4,90m). Der Verwarnungsgeldkatalog Binnen- und Schifffahrtsstraßen regelt, dass bei einer geringen Dauer, keiner Verkehrsbehinderung und der Größe des Fahrzeuges bei einer unwesentlichen Überschreitung von Bußgeld abgesehen werden kann. Diese Vorschrift hat die Generaldirektion entweder nicht gekannt oder sogar bewusst ignoriert – jedenfalls fehlte der Ermessensgebrauch gänzlich.

Das Amtsgericht Mainz folgte der Argumentation von Dr. Rauschhofer und stellte das Verfahren gemäß § 47 Ordnungswidrigkeitengesetzes ein.

Der Vorsitzende hielt eine Ahndung für nicht geboten, wies ergänzend ausdrücklich darauf hin dass schon fraglich sei, ob der Pegel Bingen unter Berücksichtigung der Fahrzeugbewegung maßgeblich sein kann, zumal Bingen nicht der einzige Pegel, sondern mehrere Pegelstände vorlagen. Ebenso rügte der Richter, dass die Behörde nicht erkennen ließ, ob und in welcher Form Ermessen ausgeübt wurde und wie es zur Bemessung des Bußgeldes selbst kam.

Vor allem aber zog das Gericht in Zweifel, ob es sich bei Windsurfen um Schifffahrt im Sinne dieser Vorschrift handelt.

Ergebnis dieser Abwägung des Gerichts war, dass das Verfahren einzustellen ist.

Wenngleich es um ein überschaubares Bußgeld ging und das Verfahren nur eingestellt wurde, hat dieser Fall doch in mehrerlei Hinsicht eine grundsätzliche Bedeutung und gleichzeitig Ausstrahlungswirkung“, so Dr. Rauschhofer. „Zum einen wird damit etwas Klarheit geschaffen, dass Windsurfen keine Schifffahrt darstellt“, infolge dessen die Regelungen für Hochwasser für Segelsurfbretter nicht gelten dürften, jedenfalls und erst recht, wenn der Pegel viele Kilometer flussabwärts liegt und der existierende Pegel vor Ort zu keiner Einschränkung führt. „Zum anderen besteht eine Ausstrahlungswirkung darin, dass Behörden angehalten sind, sich mit geltendem Recht sorgfältiger auseinanderzusetzen“.

Dass die Behörde bei dem Surfer auf einen erfahrenen Rechtsanwalt traf, war für diese naturgemäß erst einmal nicht vorherzusehen, könnte aber auch andere Sportler ermuntern, den rechtlichen Gehalt etwaiger Verfügungen reflektiert zu überprüfen – Stichwort Foilverbot in Sachsen.

AG Mainz, Entscheidung vom 14.10.2022, Az.: 408 OWi 3200 Js 28077/21 BSchRh

HINWEIS: Jeglicher Wassersport auf dem Rhein erfordert Erfahrung und Respekt vor den Elementen. Für Windsurfen auf dem Rhein bedarf es der 100%igen Manöversicherheit und entsprechender Fähigkeiten. Der Rhein ist, nicht zu letzt wegen seiner Strömung, kein Anfängerrevier. Dies gilt genauso für SUPer, Ruderer, etc. und erst recht bei Hochwasser, da sich dann die Fließgeschwindigkeit erhöht. Zudem ist zu den Binnenschiffen ein Abstand einzuhalten.
Jeder, der Wasserport auf dem Rhein betreiben möchte, sollte genau wissen, was er tut und sich mit den jeweiligen Wettervorhersagen vertraut machen!

Ergänzende Informationen und Bilder:

Bericht über Dr. Rauschhofer in der Hessenschau (ab Minute 18:30min)

Impressionen vom Windsurfen auf dem Rhein (Fotos Karl-Heinz Tappe)