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IT-Outsourcing bedeutet abstrakt erst einmal, dass bestimmte EDV-Leistungen auf einen externen Dienstleister übertragen werden. Das Spektrum reicht dabei von einzelnen Funktionsbereichen wie Webservices über die Auslagerung der kompletten IT-Abteilung eines Unternehmens bis hin zum vollständigen Verlagern gesamter Geschäftsprozesse – das sog. Business Process Outsourcing (z.B. Gehaltsabrechnung). Die beiden letztgenannten Komplettlösungen weisen regelmäßig komplexe Regelungsgehalte auf, wobei Steuerrecht, Datenschutzrecht und nicht zuletzt auch Arbeitsrecht im Rahmen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf die daraus zu beachtenden vielfältigen Gesichtspunkte soll dieser Beitrag sich auf die wesentlichen EDV-spezifischen Aspekte bei der Vertragsgestaltung beschränken.

Ziel eines IT-Outsourcing ist vor allem die Reduktion von Kosten, die sich insbesondere aus eingesparten Kosten von Personal und den wegfallenden Vorhaltekosten für den Rechenzentrumsbetrieb ergeben; Ressourcen einer internen IT müssen so skaliert werden, dass auch Leistungsspitzen abgefangen werden können, wodurch fortlaufend Investitionen zu tätigen sind. Zudem soll durch eine auf den Stand der Technik gehaltene IT die Verfügbarkeit bestmöglich sichergestellt werden.

Da ein Outsourcingvertrag – anders als ein (einmaliger) Vertrag über die Erstellung von Individualsoftware – eine langfristige Bindung und damit auch Abhängigkeit der Kunden vom Outsourcingnehmer (ON) begründet, bedarf es für das Zusammenspiel einiger grundlegender Bestimmungen, um ein längerfristiges „vertragen“ zu gewährleisten.

Als erstes muss der Vertragsgegenstand selbst sehr genau definiert werden. Zu regeln ist, welche Elemente (Mitarbeiter, Hardware, Software) vom Kunden auf den ON übergehen. Neben den hier aus Platzgründen nicht näher behandelten Normen zum Betriebsübergang nach § 613a BGB haben sich die Vertragsparteien z.B. zu vergewissern, ob auch Softwarelizenzen auf den ON übertragen werden dürfen, da hier teilweise wirksame Weitergabebeschränkungen bestehen.

Genauso wichtig ist es, die Phase des Übergangs – die sog. Transition – zeitlich festzulegen und herauszuarbeiten, welcher technischen Voraussetzungen es hierfür bedarf und vom wem diese wie wann bereitzustellen sind. Gleichbedeutend ist die Qualitätssicherung und das Abnahmeprocedere der Leistung sowie die Gewährleistung.

Die einzelnen Leistungselemente werden hierbei in Leistungsscheinen als Vertragsanlagen definiert, wobei der Festlegung der Service-Inhalte – das sog. Service-Level-Agreement (SLA) – eine zentrale Rolle für einen möglichst fehlerfreien Betrieb zukommt.

In einem solchen SLA, wie es aus Software-Wartung und –Pflege bekannt ist, werden etwa Parameter wie Verfügbarkeit, Servicezeiten, Fehlermanagement und Eskalationsverfahren sowie Monitoring/Reporting zusammen mit einem Überprüfungsrecht des Kunden über die (nicht-)erbrachten Services geregelt.

Für den Kunden kommt es im Ergebnis darauf an, dass die Applikationen laufen. Wie der ON dies anstellt, muss nicht unbedingt definiert werden, so dass anstelle der Regelung über die Verfügbarkeit einzelner Komponenten auch eine sog. End-to-end-Verfügbarkeit vereinbart werden kann, wonach sich der Kunde eine Gesamtverfügbarkeit von Servern, Client, LAN, WAN, SAN etc. garantieren lässt.

 

Als Gegenüber zur Leistung ist die Vergütung zu regeln. Üblich sind hier Basiskosten, die als Einmalwert die Transition und ansonsten monatliche Entgelte für die Wartungs- und Pflegeleistungen nach dem SLA enthalten.

Ergänzt werden können diese festen Preise zum einen durch geschäftsvorfallbezogene Entgelte, beispielsweise Anrufe (Calls) für das User-Help-Desk sowie ein Bonus-/Malus-Prinzip bei Nichterreichen oder auch Überperformance bzgl. der vereinbarten Leistungsparameter des SLA. Beispiel: Erreicht das vom ON betriebene System anstelle einer Verfügbarkeit von 97% im Monat nur 95%, kann hier eine absolute oder prozentuale Minderung der Monatsvergütung vereinbart werden.

Ein Kunde sollte sich hier darüber bewusst sein, dass der ON nichts umsonst vergibt; d.h. je höher die Ansprüchen an Verfügbarkeit und SLA sind, desto höher sind auch die kalkulierten Kosten des Basispreises, da der ON wiederum Ressourcen für die Abarbeitung von Fehlern vorzuhalten hat. Bei einem Webshop ist die Verfügbarkeit von großer Bedeutung, da während der „Downtime“ kein Umsatz generiert werden kann. Hier kann auch neben der monatlichen Verfügbarkeit als relativer Wert zusätzliche ein absoluter Zeitrahmen vereinbart werden: …garantiert eine monatliche Verfügbarkeit von 98% und maximale Dauer eines einzelnen Ausfalls von nicht länger als 2 Stunden“ (2% Downtime pro Monat am Stück entsprechen rund 14 h).

Vor dem Hintergrund der oft langjährigen Bindung der Vertragspartner – meist fünf Jahre oder mehr, um zu einer Amortisation der Outsourcingkosten zu gelangen – wird der Kunde sich regelmäßig ein Recht zum Preis-Benchmarking einräumen lassen, das eine Preisüberprüfung und –anpassung vorsehen kann. In einer Vielzahl unterschiedlicher „Spielarten“ kann ein Kunde nach vorgegebenen Zeiträumen Preise für einzelne, ausgewählte oder sämtliche Leistungen des ON auf deren Wettbewerbsfähigkeit überprüfen lassen. Dies geschieht entweder durch Beratungshäuser oder im Wege eines Konkurrenzangebotes durch Wettbewerber des ON. Ist das Ergebnis für den Kunden günstiger, wird entweder eine automatische Preisanpassung oder ein Sonderkündigungsrecht, wenn der ON dem Preisanpassungsverlangen nicht nachkommt, vereinbart.

Weiterhin von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist das Verfahren bei Änderungen, das sog. Change-Request-Management. Die o.a. längeren Vertragslaufzeiten bringen mit sich, dass nicht alle zukünftigen Leistungen und Änderungen berücksichtigt werden können. Daher ist ein Verfahren zu etablieren, das sowohl Preise als auch das Verfahren im Nichteinigungsfalle bestimmt.

Je nach Umfang des Änderungsverlangens sind entweder die jeweiligen Projektleiter zur Entscheidung oder die nächst höhere Stufe in Form des von beiden Vertragsparteien besetzten Steuerungskomitees berufen. Lässt sich hier keiner Einigung erzielen, empfiehlt es sich Regelung einerseits zu treffen, die eine Eskalation an ein sachverständiges Schiedsgericht bestimmen, andererseits die Projektfortführung sicherstellen. So lässt sich beispielsweise festlegen, dass bei einem Streit über die Vergütungshöhe das Projekt zu dem Konditionen des ON bis zu einer Entscheidung durch das Schiedsgericht fortgeführt wird und sodann von sachverständigen Schiedsrichter festgesetzte Preis für beide Seiten bindend ist.

Abschließend sollten auch Regelung für den Fall der Vertragsbeendigung getroffen werden, da seitens des ON umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen für die Übertragung auf einen Dritten oder ein Backsourcing erforderlich sind, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses leichter zu verhandeln sind als nach Kündigung. Die übrigen Regelungen wie Haftung entsprechen weitestgehend den bei Softwareverträgen (siehe dazu Software-Verträge, Internetworld 7/04, S. 48 – 50).

Internetworld 11/04, S. 42f.