Kein guter Ansatz: Mit Haftungsausschlüssen lassen sich Rechtsverstöße nicht kaschieren

 

Facebook, Twitter, Blogs und Foren werfen viele Haftungsfragen auf. Nicht alle sind bereits geklärt

Nicht zuletzt durch Twitter, Facebook und Co. haben sich Social Media als Kommunikationsform etabliert. Obgleich die „klassischen“ rechtlichen Anforderungen an ein Impressum, an Urheber- oder Wettbewerbsrecht genauso wie bisher gelten, finden sich hier eine Vielzahl von Besonderheiten, die beachtet werden müssen.

 

Impressumspflicht

Für eine geschäftliche Präsenz bei Twitter oder Facebook gilt genauso eine Impressumspflicht wie für jede gewerbliche Website. Die Abgrenzung zwischen geschäftlicher und privater Tätigkeit bei persönlichen Accounts ist fließend, da ein CEO genauso privat twittern und posten kann wie andere Privatpersonen. Sobald allerdings eine Vermischung erfolgt, dürfte die (auch) geschäftliche Nutzung zu einer Impressumspflicht führen. Da ein Impressum, dessen erforderliche Inhalte sich aus § 5 TMG ergeben, leicht auffindbar sein muss, stellt sich nicht zuletzt nach der jüngsten Abmahnungswelle die Frage der Platzierung. Zu empfehlen ist auf Twitter, dies unmittelbar im sofort sichtbaren Teil aufzuführen, beispielsweise im Feld „Bio“ mit „Impressum“ und einem Link zur Impressumsseite. Ausreichend ist nach der Zwei-Klick-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Az.: I ZR 228/03), unmittelbar auf eine Impressumsseite zu verlinken, etwa rechtsanwalt.de/twitter.htm .

Bei Facebook ist streitig, ob ein Impressum unter der Rubrik „Info“ ausreicht. Nach Auffassung des Autors ist dies gesetzeskonform, sodass ein dort aufgeführter Link zu einer Impressumsseite, der bereits am Anfang und nicht erst am Schluss der Seite durch Scrollen sichtbar ist, genügen sollte. Eine Impressum-App hilft, führt aber nicht zur Anzeige auf Smartphones.

 

Haftung für Inhalte und Links

Hier muss man unterscheiden, ob ein Tweet oder Facebook-Posting eigene Inhalte aufweist oder es sich um Retweeting, Teilen oder Postings von Dritten handelt. Bei der Haftung für eigene Inhalte besteht grundsätzlich keine Besonderheit zur klassischen Inhaltshaftung auf einer Internet-Seite. Bei einer Verlinkung auch in Tweets kann sich eine Haftung für fremde Inhalte ergeben, soweit sich ein Nutzer die dort rechtswidrigen Inhalte zu Eigen macht. Die Situation ändert sich, wenn es sich um User Generated Content handelt, also wenn Dritte Beiträge auf der eigenen Facebook-Chronik oder in einem Forum posten, die zum Beispiel wettbewerbswidrige, beleidigende oder urheberrechtsverletzende Inhalte aufweisen. Dort haftet der Inhaber grundsätzlich erst ab Kenntnis.

Jeder, der fremde Werke wie Musik, Fotos oder Bilder eines anderen verwenden möchte, benötigt dessen Einverständnis, was außerhalb von freien Werken regelmäßig nicht gegeben ist. Und was gilt für Vorschaubilder auf Facebook? Eine konkludente (stillschweigende) Rechteeinräumung dürfte vorliegen, wenn eine Seite mit Twitter- beziehungsweise Facebook- Buttons zum Teilen animiert.

Die Diskussion über die rechtliche Bewertung bei der Einbindung von fremden Videos durch einen Link, den sogenannten Embedded Link, ist noch in vollem Gange. Zusammengefasst sieht eine Meinung durch das Verlinken technisch nicht das Recht des öffentlichen Abrufs tangiert. Dagegen wird argumentiert, dass der Urheber es in der Hand haben soll, das Umfeld seines Werks selbst bestimmen zu können, sodass eine Einbindung und damit das Suggerieren eigenen Inhalts dessen Rechte verletzen würde. In der Praxis bedeutet das: Es besteht ein gewisses Risiko, wenn fremde Inhalte durch Links ohne Zustimmung des Urhebers eingebunden werden.

Die Verlinkung zu Fremdinhalten über Twitter und Facebook besitzt noch zwei weitere juristische Facetten: Erstens dürfte die Haftung für eingebundene Fremdinhalte bestehen, wenn die Rechtswidrigkeit erkennbar ist, beispielsweise bei Verlinkung auf Youtube zu einem aktuellen Konzertmitschnitt. Gleiches gilt für (Teile von) Mitschnitten öffentlicher Musikveranstaltungen. Soweit deren Nutzung in einem Betrag über aktuelle Tagesereignisse „geboten“ ist, darf eine Nutzung nach § 50 UrhG erfolgen; ein isolierter Mitschnitt eines Songtitels verletzt dagegen nicht nur die Rechte der Künstler, sondern auch die der Tonträgerhersteller et cetera.

Außerdem müssen auch die Rechte der abgebildeten Personen beachtet werden. Während Prominente in gewissem Umfang eine Ablichtung dulden müssen, ist für die Veröffentlichung von Privatpersonen im Internet stets deren Einwilligung erforderlich, sofern diese nicht nur als „Beiwerk“ erscheinen (§ 23 KUG). Auch wenn eine Einwilligung durch schlüssiges Verhalten des Abgebildeten erteilt werden kann, trifft den Verwender im Zweifel die Beweislast. Sind die Abgebildeten unter 18, richtet sich die Frage der Einwilligungsfähigkeit zum einen nach dem Alter, zum anderen nach dem Zweck der Publikation und der diesbezüglichen Einsichtsfähigkeit. Klare Empfehlung: Um Risiken zu vermeiden, sollten Sie hier äußerst restriktiv vorgehen.

Social Media im Unternehmen

In vielen Unternehmen werden Social- Media-Aktivitäten von einer Person oder gar einem Social-Media-Team betreut. Hier empfiehlt es sich für den Arbeitgeber, der Belegschaft durch klare Handlungsanweisungen Vorgaben zu machen (Social Media Policy), um einerseits Kommunikationsschäden oder gar rechtliche Haftungstatbestände für das Unternehmen zu vermeiden, zum anderen den aufgrund der schnellen Weiterverbreitung bestehenden Risiken eines „Shitstorms“ professionell begegnen zu können. Das gleiche Maß an rechtlicher Sensibilisierung gilt für Direktnachrichten, die trotz der Eigenschaft des Empfängers als Follower, Fan oder Freund als unaufgeforderte Werbung unzulässig sind.

Stichwort Produktbewertungen: Das verdeckte Bewerten eigener Leistungen, das sogenannte „Astroturfing“, ist wettbewerbswidrig. Immer wieder stellt sich zudem die Frage, ob und wie man gegen negative Kundenbewertungen des eigenen Produkts vorgehen soll. Entscheidend ist, ob es sich (noch) um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelt oder die Wertung eines Nutzers unter den Schutz der Meinungsfreiheit fällt. Allerdings zeigt die Causa Wulff, dass schnelles Handeln gefragt ist und das strategische Vorgehen geplant werden sollte. Schnell kommt es zum „Streisand-Effekt“: Die Neugier des Publikums wird erst recht geweckt. ❚

Social Media – Die Risiken  InternetWORLD BUSINESS 20/2012