Bildquelle: ZDF Info, Elektrischer Reporter, Sendung am 15.03.2013

 

Anlässlich des Interviews für ZDFInfo zu rechtlichen Fragen bei 3D-Druckern fasst nachstehender Beitrag einmal die Thematik, die sich daraus ergebenden Rechtsfragen und möglichen Lösungen zusammen.

1. Privatnutzung
a) Die grundsätzliche Regelung im Urheberrecht gibt einem Urheber eines Werkes das ausschließliche Recht über sein Werk zu bestimmen, insbesondere darüber zu entscheiden, ob, wann, wo und wie es vervielfältigt, verbreitet, ausgestellt oder z.B. gesendet werden kann. Soweit beispielsweise Artikel eines Urhebers abgedruckt, Musikstücke veröffentlicht oder Bilder ausgestellt werden sollen, bedarf es zur diesbezüglichen Berechtigung der Nutzungsrechteeinräumung durch den Urheber. Dieses urheberrechtliche Ausschließlichkeitsrecht wird durch diverse sogenannte Schrankenbestimmungen durchbrochen, wie das der Privatkopie in § 53 Abs. 1 Satz 1 Urhebergesetz (UrhG).

Diese Vorschrift besagt zusammengefasst, dass eine Vervielfältigung eines Werkes zum privaten Gebrauch (enge Verbundenheit: Familien- oder Freundeskreis) auf beliebigen Trägern zulässig ist, sofern sie

  1. weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen und
  2. nicht zur Vervielfältigung einer offensichtlich rechtswidrigen Vorlage verwendet wird.

Der klassische Fall ist also, dass sich in der körperlichen Welt ein Nutzer eine Musik-CD kopiert, um sie beispielsweise auch im Auto zu nutzen. Hier hat sich in der Praxis eine Wert von bis zu 7 Vervielfältigungsstücken herausgebildet.

b) Für den Bereich der 3D-Drucker bedeutet dies nun, dass von einem Werk für private Zwecke auch eine dreidimensionale Vervielfältigung erzeugt werden darf.

Am konkreten Beispiel: digitalisiert ein Nutzer mittels eines 3D-Scanners ein urheberrechtlich geschütztes Brillengestell, das er rechtmäßig erworben hat und druckt er diese Digitalisierung dann über einen 3D-Drucker aus, dürfte dies derzeit wohl von dem Recht der Privatkopie gedeckt sein. Markenrechtliche Ansprüche scheiden aus, weil die Privatnutzung nicht im geschäftlichen Verkehr erfolgt (§ 15 MarkenG).

c) Der rechtlich ungeklärte und der Argumentation zugängliche Bereich eröffnet sich dann, wenn es um die Nutzung von Vorlagen geht, sei es durch Herunterladen im Internet, sei es durch Weitergabe eigener 3D-Scans an Dritte.

Soweit eine Weitergabe entgeltlich erfolgt, scheidet das Recht der Privatkopie unmittelbar aus, und ist somit die Vervielfältigung selbst rechtswidrig.

Völlig ungeklärt ist allerdings, ob die Vorbereitungshandlung der Vervielfältigung, nämlich die Erstellung der Druckerdaten, bei denen es sich im Wesentlichen um die dreidimensionalen Parameter und Vektoren handelt, als solche bereits eine Rechtsverletzung darstellen.

Konkret also am Fall:
Erstellt der Privatnutzer für sich eine Privatkopie mittels eines 3D-Scanners und eines 3D-Druckers, darf er die Brillenkopie für sich nutzen, auch zum Beispiel im engen Familienkreis eine Brille für Vater und Mutter replizieren, nicht aber an Dritte weiter verkaufen.

d) Die Gretchenfrage ist nun aber, ob die durch den 3D-Scan ermittelten Daten selbst das Vervielfältigungsrecht betreffen oder ein eigenständiges Nachschaffen darstellen.

Nach meiner Auffassung handelt es sich auch bei dem 3D-Scan um eine Vervielfältigung im Sinne des § 16, da nach der Rechtsprechung auch die Digitalisierung von Werken als solche, d.h. ihre Umsetzung in einen Binärcode der durch einen Computer verarbeitet werden kann, zu einer Vervielfältigung führt (OLG Jena MMR 2008, 408/409; Schricker/Löwenheim, Urheberrecht, 4. Auflage, § 16, Rz. 18 m.w.N.); dies gilt z.B. für elektronische Archive gescannter Texte (OCR oder Bild).

Vom Ergebnis her ist die Digitalisierung nichts neues, da der Urheber eines musikalischen Werkes sämtliche Rechte hat, sei es in Form von körperlichen Noten, der flüchtigen Aufführung oder auf analogen oder digitalen Tonträgern. Wird ein Werk beispielsweise bei einem Konzert aufgenommen und als MP3 erstellt, handelt es sich auch um eine Vervielfältigung, deren Verbreitung beispielsweise im Internet der Einwilligung des Urhebers bedarf.

Folgt man damit der Ansicht, dass es sich bei der Digitalisierung von dreidimensionalen Werken durch einen Scanner um eine Vervielfältigung handelt, bedeutet dies, dass auch die Vorlagen nur nach dem Recht der Privatkopie weitergegeben, spiegelbildlich dazu nicht beispielsweise über das Internet verbreitet werden dürfen.

e) Regelmäßig Streit wird sicherlich bestehen, wenn Gegenstände des täglichen Gebrauchs (Gabel, Messer, Teller) auf diese Weise digitalisiert und kopiert bzw. Druckvorlagen bereitgestellt werden. Entscheidend ist nämlich stets, ob die Werke überhaupt urheberrechtlich schutzfähig sind, wenn kein ergänzender Schutz durch Patent-, Gebrauchs- oder Geschmackmuster existiert.

Ein schönes Beispiel aus der Praxis ist der Legostein:
LEGO hatte auf den Legostein ein Patent und somit – wie das Urheberrecht – ein patentrechtliches Ausschließlichkeitsrecht, so dass niemand den Legostein nachbauen durfte. Nachdem das Patent infolge fehlender gesetzlicher Verlängerungsmöglichkeit ausgelaufen ist, versuchte LEGO den Legostein markenrechtlich als 3D-Marke zu schützen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat hierzu zusammengefasst entschieden, dass über den Weg des Markenschutzes nicht – quasi durch die Hintertür – ein Patent, das als solches nach der Wertung des Gesetzgebers ausgelaufen ist, faktisch verlängert werden kann, so dass der Legostein nunmehr nach Ablauf des Patents gemeinfrei ist.

Folgerichtig hat der Legostein keinen Schutz mehr, so dass mangels Schutzfähigkeit eine Vervielfältigung und somit auch die entsprechenden Druckvorlagen rechtlich zulässig wurden.

f) Da es bei der Wertung einer Schutzfähigkeit stets um Abgrenzungsfragen geht, ist es sicherlich auch interessant, die Konsequenzen eines Rechtsverstoßes zu beleuchten. Stellt beispielsweise eine Privatperson eine von ihm mittels eines 3D-Scanners erstellte Druckvorlage für 3D-Drucker in das Internet, dürfte in konsequenter Anwendung des Vervielfältigungsrechtes ein solches Verhalten in das Recht des Urhebers eingreifen, so dass die Privatperson neben Unterlassung und Beseitigung auch Auskunft zu leisten sowie Schadensersatz zu zahlen hat.

Nach diesseitiger Einschätzung könnte dies zukünftig zu einer Vielzahl von Abmahnungen führen, wie sie aus dem Bereich des Filesharing bekannt sind.

g) Darüber hinaus stellt sich neben das Haftung des Bereitstellenden auch die Frage, inwieweit der Abrufende selbst haftet. Auch hier ergibt sich die Lösung aus dem Gesetz. Eine Privatkopie ist nämlich nur dann zulässig, wenn sie nicht aus einer offensichtlich rechtswidrigen Vorlage stammt. Auch diese Begrifflichkeit wird die Rechtsprechung in dem neuen Kontext auszufüllen haben.

In der Praxis dürfte dies so einzuschätzen sein, dass – soweit man darüber streiten kann, inwieweit das der Vorlage zugrunde liegende Werk schutzfähig ist – eine offensichtliche Rechtswidrigkeit ausscheidet. Handelt es sich aber beispielsweise künstlerische Skulpturen, also nicht nur Gegenstände des täglichen Gebrauchs, sondern der bildenden Kunst, dürfte die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Vorlage erkennbar sein.

h) Eine ganz besondere Bedeutung genießt diese Thematik noch beim 3D-Scannen von Bauwerken. Soweit die Gestaltung eines Bauwerks schutzfähig ist, hat auch hier der Architekt das Urheberrecht daran, so dass ein fotografisch abgescanntes Haus und Erstellung entsprechender Vorlagen, beispielsweise zur Herstellung von Spielzeughäusern, das Urheberrecht des Architekten verletzen würde.

Ein schönes Beispiel für eine solche Rechtsverletzung zeigt sich in der Entscheidung des BGH zur Verhüllung des Reichstags, bei der die Verhüllung des Reichstags als künstlerisches Werk und damit schutzfähig eingestuft wurde, infolge dessen das Ablichten dieses Werkes und Verkauf als Postkarte das Urheberrecht von Christo verletzte.

Das Spektrum an Einzelfragen ist sicherlich so vielschichtig, dass deren Erörterung zweifellos dissertationswürdig ist, indes den Umfang dieser Kurzdarstellung sprengen würde.

Zusammen zu fassen ist, dass jeder, der Vorlagen verwendet, vor allem aber diese bereit stellt, sich der Risiken bewusst sein muss, im Falle der Schutzfähigkeit des der Vorlage zugrunde liegenden Werkes in Anspruch genommen werden zu können.

Es ist naheliegend, dass die entsprechenden Schutzrechtinhaber daran interessiert sind, hier alsbald eine Präzedenzfallentscheidung zu erwirken, um insoweit Rechtssicherheit zu erzeugen.

2. 3D-Vorlage von Waffen
Zunächst ist fraglich, ob es in absehbarer Zeit technisch möglich sein wird, mechanisch komplexere Waffen über einen 3D-Drucker zu produzieren, namentlich also Schusswaffen, wohl aber Bausätze.

Da allerdings auch andere Waffen unter das Waffengesetz (WaffG) fallen, wie z.B. Teleskop-Totschläger (Ziffer 1.3.2 der Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG Waffenliste), stellt sich die Frage, inwieweit eine solche Druckvorlage bzw. die Bereitstellung einer Druckvorlage gegen das Waffengesetz verstößt, bzw. hier eine gesetzliche Regelungslücke besteht.

Für einen IT-Rechtler und damit im Waffenrecht nicht zuhause, dürfte prima vista jedenfalls die Erstellung einer Druckvorlage nicht den Tatbestand der gewerbsmäßigen Waffenherstellung erfüllen, da gesetzlich ausdrücklich die Herstellung, Bearbeitung oder Instandsetzung von Schusswaffen oder Munition genannt wird. Rechtskonstruktiv, sicherlich aber Gegenstand von Argumentationen, dürfte es so sein, dass der Besitz von Waffen gem. § 10 der Erlaubnis bedarf.

Gemäß § 52 WaffG macht sich strafbar, wer ohne Erlaubnis eine Waffe erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt, so dass derjenige, der sich beispielsweise einen verbotenen Nunchaku oder Totschläger über einen 3D-Drucker ausdruckt, strafbar machen dürfte. Dies dürfte nicht andere zu bewerten sein, als wenn ein Feinmechaniker eine entsprechende Waffe herstellt; der Besitz zählt.

Derjenige der hierfür die entsprechenden Pläne bereitstellt, könnte sich insoweit (wohl) der Beihilfe strafbar machen, da er einen wesentlichen Tatbeitrag durch Vorlage der Pläne liefert. Genaueres müssen allerdings Strafrechtler und Strafgerichte im Zweifel entscheiden.

3. Drucken von Schallplatten
Beim Drucken von Schallplatten dürfte das Vorgesagte zur Digitalisierung und Filesharing gelten. Es dürfe somit rechtlich keinen Unterschied machen, ob einer analoge Aufnahme als MP3 oder als Druckvorlage für Schallplatten digitalisiert wird. Letztlich bleibt das Ausgangswerk das Schutzobjekt und die Digitalisierung stellt eine Vervielfältigungshandlung dar. Das Bereitstellen von Druckvorlagen im Internet dürfte somit genauso verfolgt werden können, wie das von MP3-Dateien.

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