internet world, 6/02, S. 46

Seit dem 18. März liegt der „Referentenentwurf für ein Gesetz zur Regelung des Urheberechts in der Informationsgesellschaft“ vor und sorgt seit dem für eine lebhafte Auseinandersetzung. Der Entwurf strebt an, das Urheberrecht bei Online bzw. Internet anzupassen und klarzustellen, sowie besonders das Recht der Privatkopie zu regeln.

Nicht zuletzt durch die sinkenden Verkaufszahlen an Musik-CDs, besteht seitens der Musikindustrie ein erhebliches Interesse, vor allem Raubkopierern das Handwerk zu legen. Umso interessanter ist daher der Entwurf hinsichtlich der Frage, in welcher Form und in welchem Umfang das Recht auf Privatkopie (noch) erlaubt sein soll, tritt der Entwurf in dieser Form als Gesetz in Kraft.

Auf den ersten Blick bleibt es bei der bestehenden Rechtslage eines Rechtes auf Privatkopie, das in § 53 lediglich klargestellt wird und die bisherige Rechtsprechung und Rechtsliteratur teilweise berücksichtigt. Sieht man genauer hin, soll dieses Recht durch den gesetzlichen Schutz von Kopiersperren in §§ 95a UrhG ganz empfindliche Einschnitte erfahren.

War bisher das Recht auf Privatkopie relativ einfach durch die entsprechenden Tools in die Praxis umzusetzen, in dem auch Kopiersperren durch entsprechende Software umgegangen werden konnten, könnte dies in Zukunft nun illegal sein. Nach § 95a UrhG dürfen technische Schutzmaßnahmen ohne Zustimmung des Rechtinhabers nicht umgangen werden, soweit diese technisch wirksam sind. Dieser Begriff des „wirksamen technischen Schutzes“ lässt unklar, ob auch Kopierprogramme betroffen sind, die beispielsweise nicht Red-Book-konforme Formate von Audio-CDs zum Zwecke des Kopierschutzes, „anpassen“ oder gar einen Kopierschutz gleich vollständig mitkopieren. Die Regelung dürfte eine solche Auslegung zulassen, wonach beispielsweise eine mit einem Kopierschutz versehene Musik-CD nicht unter Umgehung dessen, legal für Freunde als Privatkopie vervielfältigt werden dürfte, da damit zwingend eine Umgehung des Kopierschutzes erforderlich ist.

Wenn es sich also nicht um einen „wirksamen“ Kopierschutz handelt, könnte somit das Verbot des § 95a UrhG nicht angewendet werden.
Da im Referentenentwurf unzureichend erläutert wird, wie „wirksam“ ein solcher Schutz denn zu sein hat, bleibt es bei den Gerichten, diesen unbestimmten Tatbestand zu definieren. Somit besteht bereits vor Inkrafttreten des Gesetztes eine Rechtsunsicherheit.

Für den Fall, dass die Umgehung des Kopierschutzes einer Audio-CD unzulässig ist, sieht § 95b einen einklagbaren Anspruch des Begünstigten – also zum Beispiel desjenigen, der eine Privatkopie anfertigen möchte – vor, Mittel und Maßnahmen vom Rechtinhaber zu erhalten, die eine Vervielfältigung ermöglichen. Angesichts der daraus naheliegenden Personalisierung des Nutzers dürfte es datenschutzrechtliche Probleme geben. Ebenfalls wird die Kopierabgabe auf Geräte und Leermedien zu hinterfragen sein, da mit ihr ein Ausgleich für Privatkopien vorgenommen wird.

Es ist daher fraglich, ob die Urheberrechtsrichtlinie der EU bis Dezember 2002 noch rechtzeitig umgesetzt werden kann, betrachtet man die Unsicherheiten mit diesem Entwurf.

Links zum Thema:

internet world Bereich Urheberrecht
DM-Beitrag Urheberrecht Teil 4