internet WORLD, 06/2004, S. 19

Die Entscheidung

Mit Urteil vom 5.3.2004, das bisher nur als Pressemitteilung veröffentlicht wurde, judizierte der Bundesgerichtshof, dass ein Telefonnetzbetreiber keinen Anspruch auf Zahlung der erhöhten Verbindungskosten hat, wenn sich ein Dialer heimlich installiert und Internetverbindungen über eine 0190- oder 0900-Mehrwertdiensterufnummer herstellt (Az.: III ZR 96/03). Im konkreten Fall verlangte ein Telefonnetzbetreiber die Zahlung von rund € 9.000,- für Verbindungen zwischen Mai und August 2000 zu einer bestimmten 0190-Nummer. Der Dialer hatte unbemerkt die Standardeinstellungen für Verbindungen zum Internet verändert.

Urteilsanalyse und Praxistipp

Der III. Zivilsenat urteilte, dass das Risiko eines Missbrauchs von 0190-Nummern angemessenerweise dem Netzbetreiber aufzubürden sei, da dieser ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Inanspruchnahme der Mehrwertdienste habe. Der Netzbetreiber müsse nämlich nur einen Teil des erhöhten Entgelts an den anderen Netz- oder Plattformbetreiber abführen. Eine Vergütungspflicht des Kunden käme nur dann in Betracht, wenn der Kunde den Missbrauch zu vertreten, also verschuldet habe. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang war die Feststellung, wonach im Rahmen der Sorgfalt kein Anlass bestehe, besondere Schutzvorkehrungen zu treffen. Ebenso wenig könne eine routinemäßige Vorsorge gegen Anwahlprogramme erwartet werden.

Für laufende Zahlungsprozesse ist diese Entscheidung von hoher praktischer Relevanz, da den Klagen bei heimlich installierten Dialern in der Regel der Boden entzogen sein dürfte. Durch die interessengerechte Überwälzung des Missbrauchsrisikos muss nunmehr der Netzbetreiber den Verstoß gegen Sorgfaltsobliegenheiten beweisen. Ergänzt sei, dass nach dem seit 1.2.2004 gültigen „Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er-/0900er-Mehrwertdiensterufnummern“ neben anderen Voraussetzungen jeder Dialer bei der RegTP registriert sein muss und vor Inanspruchnahme einen deutlichen Hinweis über die anfallenden Kosten aufweisen muss (§ 43b TKG, s.a. www.regtp.de). Ein Anspruch auf das vertraglich vereinbarte Entgelt besteht nur, wenn der Kunde vor Beginn der Inanspruchnahme der Dienstleistung nach Maßgabe dieses Absatzes über den erhobenen Preis informiert wurde (§ 43b Abs. 2 TKG). Inwieweit von dieser Verpflichtung auch neue Dialer mit Auslandsrufnummern erfasst sind, wird voraussichtlich in weiteren Verfahren zu klären sein (dazu: www.bsi.de).