Beitrag in der internet world 1/04, S. 26ff.

Die jüngste Abmahnungswelle zur behaupteten Patentrechtsverletzung wegen der Verwendung einer Internetadresse im Zusammenhang mit Städtekürzeln für Kfz-Kennzeichen, also z. B. abmahnungen-hh.de, hat gezeigt, dass immer wieder versucht wird, mit teilweise fadenscheinigen Argumentationen Kasse zu machen. Obwohl diverse schlechte Vorbilder in der Vergangenheit Schiffbruch erlitten haben, treten immer wieder höchst fragwürdige Massenabmahnungen auf.

Grundsätzlich hat eine Abmahnung einen sehr sinnvollen Zweck. Sie dient im Wesentlichen speziell bei offensichtlichen Rechtsverletzungen dazu, eine abschließende und endgültige Befriedung ohne Inanspruchnahme der Gerichte zu erreichen. Mit einer Abmahnung lassen sich daher nicht nur schnell, sondern auch für den berechtigt Abgemahnten günstiger als bei gerichtlicher Inanspruchnahme Streitigkeiten erledigen.

Entscheidend für die Frage der Vorgehensweise ist, ob der in einer Abmahnung behauptete Anspruch auf Unterlassung tatsächlich besteht. Speziell im Internet-Bereich kommen insbesondere Tatbestände aus Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht aber auch Namensrecht in Betracht. Die Beantwortung dieser Frage kann teilweise von Wertungsfragen, wie z. B. der Beurteilung einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr, abhängen und sollte daher in Zweifelsfällen durch einen Rechtsanwalt erfolgen.

Besteht ein Anspruch sollte die strafbewehrte Unterlassungserklärung rechtzeitig innerhalb einer angemessenen Frist, die regelmäßig eine Woche beträgt, abgegeben werden. Nicht erforderlich ist in diesem Stadium, dass gleichzeitig Schadenersatzansprüche anerkannt werden, um die Gefahr einer Inanspruchnahme im Wege der einstweiligen Verfügung zu beseitigen.

Optional kann über die Höhe der Vertragsstrafe sowie den für die Gebührenberechnung in Ansatz gebrachten Gegenstandswert diskutiert werden. Bei einer Reduzierung der Vertragsstrafe ist Vorsicht geboten, da diese die Ernsthaftigkeit der Unterlassungsverpflichtung belegt.

Erfolgt eine Abmahnung dagegen unberechtigt, sollte in jedem Falle erklärt werden, dass man sich dagegen zur Wehr setze. Ansonsten besteht die Gefahr, trotz allem mit einer zunächst geltenden einstweiligen Verfügung überzogen zu werden, gegen die dann erst im Wege des Widerspruchs vorzugehen ist. Die Gefahr besteht deshalb, weil das Gericht zunächst allein auf Grund des Vorbringens des Antragstellers den Sachverhalt nur kursorisch überprüft. Vorsorglich kann, wenn ein solcher Antrag wahrscheinlich erscheint, auch eine Schutzschrift bei den voraussichtlich angegangenen Gerichten hinterlegt werden, um die eigene Sicht der Dinge darzustellen.

Ist die Abmahnung offensichtlich unbegründet oder sogar mutwillig, sollte der in Anspruch Genommene dem Abmahnenden eine Frist setzen, innerhalb derer der Abmahnende erklärt, dass ein Anspruch nicht weiterverfolgt wird und – bei rechtsanwaltlicher Vertretung des Abgemahnten – die entstandenen Kosten übernimmt. Zudem kann die Erhebung einer negativen Feststellungsklage angedroht und bei fruchtlosem Verstreichen der Frist auch umgesetzt werden. Beim letztgenannten Schritt sollte indes immer auch ein Blick auf die Solvenz des Abmahners geworfen werden.

Ist die Rechtslage dagegen unklar, für den Abgemahnten indes nicht wichtig, ob er eine Unterlassungserklärung abgibt, kann eine Unterwerfung ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und Präjudiz unter Verwahrung gegen die Kosten erfolgen. Dies bedeutet, dass der (vermeintliche) Unterlassungsanspruch zwar anerkannt wird, die Kosten der Abmahnung jedoch nicht gezahlt und gegebenenfalls vom Abmahnenden einzuklagen sind, wobei dann die Frage der Berechtigung geprüft wird.

Festzuhalten bleibt, dass in offensichtlichen Missbrauchsfällen genau so rustikal zurückgeschlagen wie vorgegangen werden kann, in Zweifelsfällen im Hinblick auf die im gewerblichen Rechtsschutz nicht unerheblichen Gegenstandswerte die Prüfung der Berechtigung einem Spezialisten überlassen werden sollte.

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DM-Beitrag Internet-Recht Teil 4