I. Einleitung

Hintergrund des Falles „Webspace“ ist, dass sich Klaus T. die Marke „WEBSPACE“ beim Deutschen Patent- und Markenamt eintragen ließ (Az.: 39806414). Kurz nachdem die Marke am 07.06.1999 eingetragen wurde, startete ein in diesem Bereich schon mehrfach in Erscheinung getretener Anwalt aus München eine Abmahnwelle und mahnte eine Vielzahl kleinerer Provider ab, den Begriff „Webspace“ nicht mehr auf deren Internetangebot anzubieten. Dies selbstverständlich unter Beifügung der Gebührenrechnung.

Nahezu jeder mit der Materie „Internet“ nur halbwegs Befaßte weiß demgegenüber, dass der Begriff „Webspace“ synonym für Speicherplatz verwendet wird, der für Angebote auf Servern, die mit dem Internet verbunden sind, bereit gestellt wird. Demgemäß läßt sich „Webspace“ auch mit „Netzspeicher“ sinngemäß übersetzen, wobei genau genommen der Tatbestand des zur Verfügungstellens von Speicherplatz für Internet-Angebote begrifflich nur sinnvoll mit „Webspace“ bezeichnet werden kann, da damit in nur einem Begriff das Angebot von Festplattenspeicherplatz für die Online-Nutzung des World Wide Web bezeichenbar ist.

Folgerichtig benutzen eine Vielzahl von Firmen für die vorgenannte Angebote den Begriff „Webspace“ im Rahmen von Tarifangeboten. So ist es wenig verwunderlich, dass sich im deutschsprachigen Bereich der Internetsuchmaschine „Altavista“ bei Eingabe des Begriffes „Webspace“ 181950 Einträge fanden, bei der deutschen Präsenz von Lycos 40344.

Diesen Umstand hat das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) offensichtlich übersehen, so dass die Marke „WEBSPACE“ dennoch eingetragen wurde, obwohl es sich um hier den Fall eines absoluten Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 MarkenG handelt.

Daher sah sich das DPMA auch veranlaßt, am 05.08.1999 eine Stellungnahme zur Eintragung der Marke „WEBSPACE“ abzugeben und über die Möglichkeit eines Löschungsverfahrens aufzuklären.

Zwischenzeitlich allerdings wurde bereits am 27.07.1999 ein Löschungsantrag gemäß § 50 Abs. 2 MarkenG auf Löschung dieser eingetragenen Marke gestellt, für den es eine Spendenaktion im Internet gab. Solange jedoch dieses Löschungsverfahren nicht abgeschlossen ist – und dies kann Jahre dauern – bleibt es bei der formellen Rechtsposition.

II. Rechtliche Würdigung

In rechtlicher Hinsicht muß zunächst angeführt werden, daß der Antragsteller derzeit noch formell Inhaber eines in der Urkunde Nr. 398 06 414 niedergelegten Markenrechts ist.

Angesichts der Ausführungen zur tatsächlichen Situation fehlt es jedoch nach diesseitiger Ansicht an einer entsprechenden Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruches, da davon auszugehen ist, daß das Deutsche Patent- und Markenamt dem Löschungsantrag nach § 50 II MarkenG stattgeben wird, da es sich um einen rein beschreibenden Begriff handelt.

1. Absolute Schutzhindernisse

Es bedarf nach Vorgesagtem keiner weiteren Erläuterung, daß einer Eintragung der Marke „Webspace“ absolute Schutzhindernisse im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehen.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, denen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Dieses Eintragungshindernis ist vorliegend gegeben. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Anmeldung erfaßten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, vgl. § 3 Abs. 1 MarkenG.

Die angemeldete Marke besteht aus den englischen Wörtern „Web“ und „Space“. Das vorangestellte Wort „Web“ hat im Deutschen die Bedeutung „Netz“ und wird im Zusammenhang mit Online-Medien von den beteiligten Verkehrskreisen als Kurzform für das „World Wide Web“ (www) unzweifelhaft verstanden. Gerade im Bereich der Datenverarbeitung ist dieser Begriff fester Bestandteil entsprechender Wortkombinationen geworden. Lediglich beispielhaft seien einige Fachbezeichnungen wie „WebSide“ oder „WebPage“ (Seite im World Wide Web), „Web Master“ (Entwickler und Betreiber von WebSides) „WebHosts“ (Internet Service-Provider, die Webspace, bzw. Serverspace zur Verfügung stellen), WebShopping (Einkaufen im Internet dargestellt. Der weitere Markenteil „Space“ wird mit „Raum“ aber auch „Speicherplatz“ übersetzt und stellt einen Grundbegriff im Online-Bereich dar.

Bei der streitgegenständlichen Marke handelt es sich in Verbindung mit den angemeldeten Waren- und Dienstleistungen, zu denen Marken kraft ihrer Eigenart als solche stets in eine sachliche Beziehung gesetzt werden (BPatG Mitt. 1988, S. 17, 19 – „Landfrost“), um eine glatt beschreibende Aussage. Zwar ist dem Anmelder zuzustimmen, daß die vorliegende Anmeldemarke in ihrer Zusammensetzung jedenfalls in der Vergangenheit lexikalisch nicht nachweisbar war. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß, auch wenn eine Marke einen neuen Begriff darstellt – jenes ist gerade hier schon nicht der Fall – dies noch nicht zwangsläufig zur Bejahung der Unterscheidungskraft führen muß (vgl. BPatGE 36, S. 229 – „Sweater Tops“; GRUR 1996, S. 589 – „Hautacitv“). Unterscheidungskräftig können daher auch neue Wortkonstellationen nur dann sein, wenn sie ein Mindestmaß an phantasievoller Eigenart aufweisen, sich also insbesondere nicht an Sachaussagen über die mit der betreffenden Bezeichnung versehenen Ware oder Dienstleistung erschöpfen. Hier ist jedoch festzustellen, daß der angemeldeten Marke in Verbindung mit den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen ein eindeutig beschreibender Bedeutungsinhalt zukommt. Die Anmeldemarke nimmt unmittelbar auf die Bestimmung und die Art der angemeldeten Waren und Dienstleistung Bezug und läßt in der Wortzusammensetzung „Webspace“ insoweit keinen Raum für vom Inhalt der Waren und Dienstleistungen wegführende Interpretation in Richtung nur verschwommener, unklarer Deutungsmöglichkeiten (vgl. BPatG Mitt. 1988, S. 19 – „Hydrojoint“), sondern stellt sich gerade in Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen als eine verständliche und schlagwortartige Aussage dar. Entgegen der Ansicht des Klägers werden die einschlägigen Verkehrskreise den Sinngehalt dieser angemeldeten Wortfolge zweifelsohne verstehen. Dies zeigt die standardmäßige und bereits dargelegte Nutzung für das Angebot von Speicherplatz.

Ergänzend dazu ist zu berücksichtigen, daß im Bereich der Datenverarbeitung und Internet Englisch die Fachsprache ist.

Unabhängig von der vorbeschriebenen fehlenden Eintragungsfähigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt es darüber hinaus an einer Eintragungsfähigkeit aus dem Blickwinkel der freihaltebedürftigen Sachangabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, da die Häufigkeit des verwendeten Begriffes aufzeigt, wie der Verkehr auf die Nutzung dieses freihaltebedürftigen Begriffes angemessen ist.

2. Fehlende Benutzung bzw. lediglich Warenbeschreibung sowie Rechtsmißbrauch

a)

Weiterhin wird es in vielen Fällen so sein, daß es schon an einer markenmäßigen Benutzung, die für die als verletzend angegriffene Bezeichnung vorauszusetzen ist (Fetzer, Markenrecht, § 14 MarkenG, Rz. 48 – 50), mangelt, insbesondere also die Zeichenfolge „Webspace“ nicht zur Anpreisung spezifischer Waren oder Dienstleistungen genutzt wird.

Wird die Zeichenfolge „Webspace“ beispielsweise im Rahmen des Leistungskatalogs und Angebotes von Serverkapazitäten, die, wie bereits ausführlich dargelegt, als „Webspace“ bezeichnet werden, benutzt, fehlt es an dem vorgenannten Erfordernis.

b)

Unabhängig davon liegt regelmäßig auch ein Fall des § 23 Abs. 2 MarkenG vor, wobei auf folgendes hinzuweisen ist:

Gemäß § 23 Abs. 2 MarkenG hat der Inhaber einer Marke nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere ihre Art, ihre Beschaffenheit oder ihre Bestimmung zu benutzen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Die Verwendung des Wortes „Webspace“ im Fließtext der Antragsgegner erfüllt gerade diese Vorschrift. Der Begriff „Webspace“ ist, wie oben bereits ausführlich dargestellt, in den letzten Jahren in erheblichem Umfang in die deutsche Sprache eingedrungen. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, daß dieser Begriff auch denjenigen Verkehrsteilnehmern, denen er erstmalig begegnet, ohne weiteres verständlich ist.

Das Wort „Web“ ist der deutschen Sprachen in Alleinstellung und in einer Vielzahl von Zusammensetzung geläufig: World Wide Web, WebSide, WebServer, etc. (s.o.). Regelmäßig wird auch von den unbefangenen Verkehrsteilnehmern der Begriff „Web“, im Zusammenhang mit jener Onlinenutzung mit dem World Wide Web bzw. dem Internet verknüpft.

Gleiches gilt für den Begriff „Space“, der von dem beteiligten Verkehrskreis „als Raum“ erkannt wird, so daß in der analogen Bildung von Webspace gerade der Serverplattenplatz oder das Internet selbst als virtueller Raum, also „Webspace“ erkannt wird.

Daß Anbieter statt des „trockenen“ „Netzspeichers“ oder „Netzplattenplatzes“ das modischere „Webspace“ – wie auch auf 181950 nur deutschen „Webpages“ – „Webspace“ nutzen, führt nicht aus dem Bereich einer rein beschreibenden Benutzung heraus.

„Webspace“ ist nichts anderes als eine von mehreren, möglichen substantiven Bezeichnung des gleichen Gegenstands. Der Verkehr entnimmt dem keinen über die Warenbeschreibung hinausgehenden kennzeichnenden Gehalt, insbesondere in Bezug auf die Herkunft und Qualität der Ware. Insoweit orientiert er sich vielmehr ausschließlich an der durchgehend in der Werbung eines Anbieters verwendeten geschäftlichen Bezeichnung.

Im grundlegenden Fall „Infobahn“ kam das OLG München in seinem Urteil vom 26.02.1998, Az.: 29 U 3195/97 – „Infobahn“, gerade zu dieser dargestellten Erkenntnis.

In einer weiteren Entscheidung des OLG München (Az.: 29 W 1389/99 vom 22.04.1999) versagte das Gericht dem Antragsteller die Geltendmachung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, da es an der Glaubhaftmachung des Verfügungsanspruches fehlte.

c)

Schließlich begegnet das Verhaltes des Klaus T. nach diesseitiger Ansicht auch dem Einwand der Rechtsmißbräuchlichkeit, die im Rahmen der Öffnungsklausel des § 21 Abs. 4 MarkenG als Ausfluß von Treu und Glauben zu berücksichtigen ist. Der Anmelder nutzt allein seine formelle Rechtsstellung aus, ohne daß der Wille für eine gewerbliche Nutzung erkennbar ist.

III. Ausblick

Das entscheidende Gericht in Bochum scheint die Möglichkeit der Versagung des Verfügungsantrages für einen diesseits vertretenen Fall zumindest nicht von vornherein auszuschließen, da auf die Widerspruchsschrift hin die Zwangsvollstreckung aus einer zunächst ergangenen einstweiligen Verfügung „wegen der Besonderheit der Sach- und Rechtslage einstweilen gegen Sicherheitsleistung von DM 25.000,00 eingestellt“ wurde. Dies bedeutet einen Teilerfolg, so dass dem Mitte Oktober anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung mit Hoffnung all derer, die bereits abgemahnt wurden, jedoch deren Abmahnungs- oder einstweilige Verfügungsverfahren noch nicht abgeschlossen sind, entgegengesehen wird.

 

Zur Thematik und Chronologie: