Aus Anlass des Interviews bei SAT1 zur Rache im Internet, sind nachstehend noch einmal verschiedene Fragen und Antworten zusammengefasst:

Wie werden Racheaktionen im Internet ausgeübt?

Es gibt im Wesentlichen zwei Vorgehensweisen:

Die eine ist die direkte Konfrontation. Ein Nutzer beschimpft einen anderen offen und identifizierbar. Das macht den Anspruchsgegner leicht identifizierbar, ist aber der Ausnahmefall.

Die andere ist in einer mehr oder minder anonymen Art, das Opfer zu diffamieren und zwar sowohl durch Text als auch durch Bilder.

Bei der zweiten Variante gibt es wieder unterschiedliche Ausprägungen der Anonymität des Täters. Diese reicht von der Anmeldung nur mit einem Pseudonym bis hin zu weitestgehenden Verschleierung über gefakte Postings oder Meldungen über ausländische Server und nur anonymen Linksetzung dorthin.

Aber: Irgendwie muss die Nachricht an den gewünschten Adressatenkreis gebracht werden. Und dann geben die Fragen, wer hat ein Motiv, wer hat Sonderwissen, meist einen greifbaren Ermittlungsansatz.

Zunächst einmal sollte schnellstmöglich versucht werden, die Plattform der Meldung zur Unterlassung auffordern, damit diese beseitigt und nicht weiter verteilt wird. Der Foren- bzw. Plattformanbieter haftet ab Kenntnis der Rechtsverletzung auf Unterlassung.

Wie ist die Rechtslage bei Beleidigungen oder Verleumdungen?

Die Rechtslage hier ist recht klar. Zu unterscheiden ist hier zwischen dem Straf- und Zivilrecht.

Gegen Beleidigungen kann ich mich strafrechtlich dann zur Wehr setzen, wenn sie der Tatbestand des nach § 185 StGB erfüllt ist. Da in der Diktion inhaltlich kein Unterschied zur Offline-Welt besteht, kann hier auf eine reichhaltige Rechtsprechung zurückgegriffen werden.

Viel wichtiger ist aus meiner Sicht im Online-Bereich die üble Nachrede gemäß § 186 StGB, der besagt:

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Regelmäßig wird ein Rachfeldzug nicht mit plumpen Beleidigungen vorgetragen, die den Schreiber selbst disqualifizieren. Vielmehr streut der Täter Tatsachenbehauptungen, die den anderen Herabwürdigen. Zum Beispiel: X ist schon strafrechtliche verurteilt, ist ein Betrüger, hat kein Geld mehr, geht fremd; etc.

Neben dem Strafrecht lassen sich – für den Einzelnen meist wichtiger – auch zivilrechtliche Ansprüche durchsetzten.

Als nicht prominente Person muss ich es nicht dulden, mit meinem Namen oder identifizierbar in Erscheinung zu treten. Ich kann also bereits verlangen, nicht mehr mit Namen im Internet genannt zu werden. Dies resultiert aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Handelt es sich um eine Beleidigung, können neben der Unterlassung auch Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht werden.

Hinzu kommen Schadensersatzansprüche im Fall der sog. Kreditgefährdung nach § 824 BGB:

(1) Wer der Wahrheit zuwider eine Tatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen, hat dem anderen den daraus entstehenden Schaden auch dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muss.

Wie kann ich mich gegen die Veröffentlichung peinlicher Fotos wehren?

Nach § 22 KunsturheberG (KUG) dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Der Betroffene hat also in jedem Fall einen Unterlassungsanspruch unabhängig von der Qualifizierung des Bildes als peinlich oder nicht. Je nach Konstellation können auch Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht werden, jedenfalls dann, wenn es sich um peinliche Bilder handelt. Zudem sind Schadensersatzansprüche denkbar, wenn durch die Bilder zum Beispiel jemand nachweislich ein Stellenangebot verliert, das ohne die Veröffentlichung zu einem Anstellungsverhältnis geführt hätte.

Etwas anderes gilt bei Prominenten durch § 23 KUG. Die Rechtsprechung qualifiziert diese Personen als relative oder gar absolute Personen der Zeitgeschichte, so dass solche Personen des öffentlichen Lebens sich in gewissem Umfang die sog. Paparazzi-Fotos gefallen lassen müssen – nicht aber alles!

Welche folgen hat es, wenn ich aus einem Ärger heraus Personen im Internet bloß stelle?

Der Betreffende kann abgemahnt werden und auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Ggf. erfolgt eine Durchsetzung auch im Wege der einstweiligen Verfügung. Wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht, dass Straftatbestände erfüllt sind, die Täterschaft aber noch nicht feststeht, kommt auch eine Hausdurchsuchung zur Sicherung von Beweismitteln, also insbesondere der Beschlagnahme des Computers, in Betracht.

Verfolgt die Staatsanwaltschaft solche Fälle und wie ist das Verfahren?

Regelmäßig handelt es sich um Antragsdelikte. Die Staatsanwaltschaft (StA) wird hier auf Antrag tätig, wenn die Beweissituation als ausreichend bewertet wird. Strafprozessual gibt es dann im Kern drei Vorgehensmodelle:

1. Die StA beantragt die Eröffnung des Hauptverfahrens und es kommt zu einer Strafverhandlung.

2. Die StA geht im schriftliche Verfahren vor und beantragt Strafbefehl, insbesondere wenn die StA damit rechnet, dass kein Einspruch erhoben wird

3. Schließlich kommt eine Einstellung nach § 153a StPO in Betracht, meist gegen Geldauflage und/oder Wiedergutmachung beim Geschädigten. Dies richtet sich auch nach dem Verhalte des Täters nach der Tat.

Liegt die Hemmschwelle, sich im Internet zu rächen, niedriger als in der realen Welt?

Ohne Zweifel. Es fehlt an einer persönlichen Anwesenheit. Ein Täter kann aus der virtuellen Deckung, ggf. sogar anonym tätig werden. Das Risiko erwischt zu werden ist dadurch geringer, was die Attraktivität eines solchen Vorgehens erhöht.