(Rauschhofer Online – 11.3.01) Das Domain-Recht wurde um eine neue Facette rechtlicher Fragestellungen bereichert. Während es bislang im wesentlichen um kennzeichen- oder namensrechtliche Konflikte ging, stellt sich nun die Frage, ob einem aus Marken- oder Unternehmenskennzeichenrechten entspringendem Schutz das Grundrecht der freien Meinungsäußerung, insbesondere im Rahmen des politischen Meinungskampfes entgegengehalten werden kann.

Der Fall: Die Umweltorganisation Greenpeace leitete von der Domain oil-of-elf.de Nutzer zu ihrer WebSite, auf der sich Greenpeace kritisch mit dem Mineralölkonzern TotalFinaElf auseinandersetzt, um. „Oil-of-elf“ lehnt sich insoweit ironisch an die Kosmetikartikel von Oil-of-Olaz an. TotalFinaElf begehrt Unterlassung und stützt sich auf Unternehmenskennzeichnungs- und Namensrechte. Greenpeace wendet dagegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Grundgesetz ein.

I.
Wie immer in neuen Fallkonstellationen des Online-Rechts wird der Vergleich zu bisher ergangenen Rechtsprechung bei körperlichen Medien gesucht.
Naheliegend ist hierbei der Vergleich der streitgegenständlichen Domain mit der Headline eines Zeitungsartikel, der unter das Grundrecht von Meinungs- und Pressefreiheit fällt. Denkbar wäre in diesem Zusammenhang das World Wide Web mit einer großen Zeitung zu vergleichen, deren einzelne Beiträge als Überschriften in Form von Domains abgerufen werden können.

1.
Hinsichtlich der in der Domain verwendeten Zeichenfolge „oil-of-elf“ mag bereits diskutiert werden, ob diese nicht bereits ausreichend vom Unternehmenskennzeichen „Elf“ abweicht, so dass eine Zuordnung zum Unternehmen ausscheidet. Da „Oil“ jedoch beschreibend für die seitens TotalFinaElf angebotenen Waren ist, lässt sich hier durchaus auch eine Zuordnung vertreten.

Des weiteren erscheint die Anwendbarkeit des Markenrechts bei den geltend gemachten Ansprüchen aus Marke (§ 14 MarkenG) und Unternehmenskennzeichen (§ 14 MarkenG) fraglich.
Voraussetzung ist zunächst eine zeichenmäßige Benutzung im geschäftlichen Verkehr.

a) Der Begriff des zeichenmäßigen Gebrauchs ist weit zu verstehen und liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung sowie in Beziehung darauf gebracht wird (Fezer, MarkenG, § 14, Rz. 26).
Zwar bejaht inzwischen die überwiegende Rechtsprechung die grundsätzliche Kennzeichnungsfunktion einer Domain.

Ob dagegen bereits durch den ironisch gefassten Titel „Oil-of-elf“ ein Bezug zu Waren in der erforderlichen Weise geschieht, ist diskussionswürdig. Der BGH hatte diesbezüglich entschieden, eine kennzeichenmäßige Benutzung des Titels eines Comicheftes nicht vorliegt, wenn im Untertitel unübersehbar auf Parodien des Heftes hingewiesen wurde (BGH GRUR 1994, S. 191 – Asterix-Persiflage). Aus der ironischen Anlehnung an Oli-of-Olaz lässt sich zumindest vertreten, dass die angeführte Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall entsprechend anwendbar sein könnte.

b) Auch fragt sich des weiteren, ob das weiterhin erforderliche Tatbestandsmerkmal des geschäftlichen Verkehrs erfüllt wird.
Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr ist jede wirtschaftliche Tätigkeit auf dem Markt, die der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäftszwecks zu dienen bestimmt ist, wobei der Begriff weit auszulegen ist (Fezer, aaO., Rz. 41).

Die Gemeinnützigkeit der Umweltschutzorganisation führt nicht zum Ausschluss dieses Merkmals, da auch eine erwerbswirtschaftliche Betätigung eines gemeinnützigen Unternehmens geschäftlichen Verkehr darstellen kann (Fezer, aaO. m.w.N. zur Rechtspr.). Demgegenüber wird eine Benutzung zu wissenschaftlichen oder lexikalischen Zwecken nicht erfasst. Gleiches gilt nach diesseitiger Ansicht für die Auseinandersetzung im politischen Meinungskampf.

Ohne den markenrechtlichen Diskurs weiter zu vertiefen muss überdies als fraglich angesehen werden, ob in der Verwendung Zeichenfolge „Elf“ im Rahmen der Domain eine markenmäßige Benutzung erblickt werden kann, da keine Verwendung zur Unterscheidung oder als Werbemittel zur Identifizieren von Produkten auf dem Markt erfolgt .

2.
Verneint man aus vorstehenden Gründen bereits die Anwendbarkeit der §§ 14 und 15 MarkenG, könnte sich ein weiterer Anspruch aus dem Namensrecht des Unternehmens ergeben. Wenn markenrechtliche Ansprüche bereits deshalb nicht gegeben sind, weil nach dem Markenrecht schon dem Grunde nach kein Schutz zu erlangen ist, kann auf § 12 BGB zurückgegriffen werden (OLG Frankfurt – alcon.de).

Die Verwendung eines Namens kann dann untersagt werden, wenn sie unberechtigt geschieht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verwendung eines Namens zu einer Zuordnungsverwirrung führt, also der Nutzer bei Eingabe der Domain dahinter die Fa. TotalFinaElf vermuten würde, was im vorliegenden Fall – als intuitive Nutzereingabe – wohl ausgeschlossen werden kann.

Ebenso kann sich ein Namensträger, der in der Öffentlichkeit steht, nicht gegen die Namensnennung in einer Zeitung wehren. Insoweit müsste sich das Namensrecht der Firma am Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG messen lassen. Das im vorliegenden Fall bestehende Spannungsverhältnis beider Rechte lässt eine Abwägung zugunsten des nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes sehr weitreichenden Grundrechtes zumindest nicht ausgeschlossen erscheinen, da ihm eine konstitutionelle Rolle im demokratischen Staat zugesprochen wird (Soehring, Presserecht, Rz. 20.3., m.w.N.).

Zwar wird durch die Domain selbst nicht die vollständige Information über die in der Diskussion stehenden Fragen transportiert. Die Freiheit der Meinungsäußerung gewährleistet aber nicht nur den Inhalt, sondern auch die Form der Darstellung (Soehring, aaO., Rz. 20.2., m.w.N.), so dass eine diesbezügliche Erstreckung auf Domains wie in der vorliegenden Fallkonstellation denkbar ist.

II.
Zusammenfassend bleibt abzuwarten, ob das Urteil des LG Berlin letztendlich von Bestand bleiben wird. Da sich die Parteien im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes befinden, verbleibt Greenpeace zunächst nur der Gang in die Berufung. In eV-Verfahren ist gegen ein Berufungsurteil keine Revision statthaft, so dass der Weg zum BGH nur über das Hauptsacheverfahren führt. Wie die hier behandelte Frage letztendlich entschieden wird ist ungewiss – erinnert sei jedoch an die Entscheidung des BGH zur Schockwerbung von Benetton, in der die Wettbewerbswidrigkeit festgestellt wurde. Erst im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wurden die Urteile des Bundesgerichtshofs aufgehoben, mit denen dem beschwerdeführenden Presseunternehmen (Bf) der Abdruck dreier Werbeanzeigen der Firma Benetton untersagt worden war. Insoweit werden die Instanzgerichte das Grundrecht der Meinungsfreiheit in ihre Erwägungen einbeziehen müssen.

Für weitere Spannung und rechtliche Diskussion dürfte in jedem Falle gesorgt sein.

NEU: KG Berlin bestätigt Rechtmäßigkeit der Verwendung von oil-of.elf.de – via Jurawelt
Beschluss des LG Berlin v. 18.1.2001

Links zum Thema:

Internet-Intern, Niederlage für Greenpeace
Juristisches Internet-Projekt Saarbrücken: Materialien zum Streit oil-of-elf
Rauschhofer Online: Domain-Recht