Gebrauchte Software, Die Rechtsprechung zur Weitergabe von Lizenzen ist nicht einheitlich
Internet World Business, 21-2008, Seite 10

Die Ausgaben für Softwarelizenzen machen bei vielen Umternehmen einen beträchtlichen Teil ihrer IT-Investitionen aus. Andererseits stehen infolge von Konsolidierungen oder effektiverem Lizenzmanagement nicht selten ungenutzte Lizenzen zur Verfügung, deren Weiterverkauf sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer wirtschaftlich attraktiv sein kann. Im Unterschied zu körperlichen Gegenständen des Sachenrechts gilt es bei Software, wichtige rechtliche Aspekte zu berücksichtigen, um in der Folgezeit von Überraschungen verschont zu bleiben.

Der Erschöpfungsgrundsatz

Grundsätzlich können Programme genauso wie andere Wirtschaftsgüter auch ohne Zustimmung des Herstellers von ihrem rechtmäßigen Eigentümer weitergegeben werden, das ergibt sich aus dem sogenannten Erschöpfungsgrundsatz nach Paragraf 69c Nr. 3 S. 2 Urhebergesetz (UrhG). Dieser besagt, dass sich im Falle der Verbreitung eines Programms innerhalb der EU oder des EWR mit Zustimmung des Rechtsinhabers das Verbreitungsrecht erschöpft. Danach ist also eine Verbreitung eines Programms ohne Zustimmung des Herstellers zulässig, wenn es zuvor über einen vom Hersteller autorisierten Vertriebskanal bezogen wurde.

Unter Richtern höchst umstritten ist indes, inwieweit das nicht dem Erschöpfungsgrundsatz unterliegende Vervielfältigungsrecht dazu führt, dass die Zustimmung des Urhebers zum Aufspielen der Software beim Dritterwerber trotz Erschöpfung erforderlich ist.

Das Oberlandesgericht München bestätigte nun in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung (Az.: 6 U 2759/07) – im Einklang mit der wohl herrschenden Meinung – eine Entscheidung des Landgerichts München, wonach der Erschöpfungsgrundsatz beim Onlinevertrieb von Software nicht greife und der Weiterverkauf online erworbener Software demnach nicht zulässig sei. Die Richter gingen sogar noch darüber hinaus und schlossen eine Übertragung von „gebrauchten“ Einzelplatzlizenzen und Software auf Originaldatenträgern aus, wenn die Weiterübertragung durch AGB des Herstellers ausdrücklich ausgeschlossen ist.

Bisher war die Mehrzahl der Juristen der Meinung, dass ein Weitergabeverbot durch AGB auf jeden Fall dann unzulässig ist, wenn es unbedingt ausgesprochen wurde. Aus diesem Grund befinden sich in AGB von Softwareherstellern Formulierungen, die aussagen, dass die Zustimmung zur Übertragung einzuholen ist, jedoch vom Hersteller nicht ohne wichtigen Grund versagt werden darf. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) hierzu bleibt abzuwarten.

Anspruch auf Pflege

Durfte Software veräußert werden, schließt sich für den glücklichen Käufer die Frage an, ob auch für ihn ein Anspruch auf Softwarepflege oder gar Support besteht, wie er oft dem Ersterwerber einer Software zuteil wird. Durch technische, vor allem aber durch rechtliche Entwicklungen bedarf es neben der Verbesserung der Software und dem Schließen von Sicherheitslücken regelmäßig der Anpassung an neue gesetzliche Anforderungen.

Nach der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung besteht für den Hersteller indes grundsätzlich keine Verpflichtung, einen Vertrag über die Pflege von Software abzuschließen, sodass für den Erwerber einer Gebrauchtsoftware das Problem entstehen kann, dass die Software infolge technischer und rechtlicher Weiterentwicklung mangels Pflege wertlos wird.

Grundsätzlich hat ein Verkäufer einer gebrauchten Software die Möglichkeit, entsprechende Softwarepflegeverträge durch Abtretung an den Käufer zu übertragen. Eine solche Abtretung steht indes üblicherweise unter einem wirksamen Abtretungsvorbehalt.

Mit dem Hersteller verhandeln

Wenn sich ein Verkäufer und ein Käufer für eine Weiterveräußerung von Software entscheiden, empfiehlt es sich zur Investitionssicherung aufseiten des Käufers mit dem Hersteller eine Zustimmungserklärung zur Weitergabe der Software wie auch zu einer Übertragung eines etwaigen Pflegevertrags zu verhandeln. Da durch teilweise hohe Rabatte bei Initialprojekten bei der Veräußerung von Standardsoftware nur noch geringe Margen bestehen, kann es auch für einen Hersteller interessant sein, solch einen Kunden mit einem langjährigen Pflegevertrag zu gewinnen.