Internet World Business, 23-2008, Seite 10

Die Regeln der deutschen Domain-Registry Denic für die Registrierung von Domains bergen immer wieder Konfliktpotenzial bezüglich des Kennzeichen- und Markenrechts. Schließlich laufen die Prozesse der Domainregistrierung und der Eintragung einer Marke komplett unabhängig voneinander ab.

Wer eine Domain besitzt, dem müssen nicht unbedingt die dazugehörigen Markenrechte gehören – und umgekehrt. Unlängst hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage zu befassen, ob der Inhaber der im Jahr 2000 registrierten Domain Afilias.de wegen Verletzung eines erst danach entstandenen Kennzeichenrechts in Anspruch genommen werden kann (Urteil vom 24. April 2008, Az.: I ZR 159/05).

Klägerin war die Afilias Limited, das Konsortium, das die .info-Domain verwaltet. Als Konsortium trat Affilias erstmals im September 2000 in Erscheinung, die Eintragung in das irische Handelsregister erfolgte im Februar 2001. Der Beklagte hatte die strittige Domain Afilias.de im Oktober 2000 registriert, er plante den Aufbau eines Partnerprogramms. Seit 2003 ist er zudem Inhaber der nationalen Wortmarke „Afilias“.

Zunächst gilt bei verwechslungsfähigen Kennzeichenrechten im geschäftlichen Verkehr, dass sich die Ansprüche nach dem jeweiligen Prioritätsrecht richten.

Scheidet das Markenrecht aus, lassen sich Ansprüche auf das Namensrecht durch die Anwendung von Paragraf 12 BGB regeln. Ein Anspruch auf Freigabe der Domain besteht somit dann, „wenn ein Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden“.

Der BGH macht nun Ansprüche aufgrund einer etwaigen Namensrechtsverletzung von einer Interessenabwägung abhängig. Wenngleich der Nichtberechtigte selten schützenswerte Belange anführen kann, stellten die Richter fest, dass es von dieser Regel Ausnahmen gibt.

Die erste Ausnahme greift dann, wenn eine Domainregistrierung „nur der erste Schritt im Zuge der – für sich genommen rechtlich unbedenklichen – Aufnahme einer entsprechenden Benutzung als Unternehmenskennzeichen ist“. Dieses Vorgehen entspräche der vernünftigen kaufmännischen Praxis, wonach bereits vor Benutzungsaufnahme der entsprechende Domainname zu sichern ist.

Hieran fehlte es im vorliegenden Fall. Die zweite Ausnahme besteht nach Auffassung der Richter, wenn Kennzeichen- beziehungsweise Namensrechte des Berechtigten erst nach Registrierung der Domain entstanden sind. Dann sei eine Interessenabwägung erforderlich.

Urteilsanalyse und Praxistipp

Eine Domainregistrierung eines mit einem anderen Unternehmen identischen oder ähnlichen Kennzeichens ist dann zulässig, wenn die unmittelbar bevorstehende Benutzungsaufnahme in einem anderen Tätigkeitsfeld zu keiner Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinne führt, da „der Inhaber eines identischen Unternehmenskennzeichens im Allgemeinen nicht verhindern kann, dass in einer anderen Branche durch Benutzungsaufnahme ein Kennzeichenrecht an den gleichen Zeichen entsteht“.

Die Domainregistrierung muss daher mit der Benutzungsaufnahme in angemessenem zeitlichen Rahmen liegen. Um dennoch hier bereits vom Zeitpunkt her einen Prioritätsanspruch anzumelden, empfiehlt sich – nach entsprechender Markenrecherche – eine zeitgleiche Markenanmeldung.

Die nach dem BGH vorzunehmende Interessenabwägung im Falle einer vor dem Entstehen des Kennzeichenrechts erfolgten Domainregistrierung soll jedenfalls dann zu einer Abwägung zum Nachteil des Domaininhabers führen, wenn ein Domainname ohne ernsthaften Benutzungswillen registriert wird, um diesen vom Inhaber eines entsprechenden Kennzeichenrechts oder Namensrechts abkaufen zu lassen. Dies betrifft also den Fall, wenn auf Verdacht Domains registriert werden und, sobald später ein entsprechendes Kennzeichen am Markt erscheint, die Domain dorthin verkauft wird.

Für Agenturen, die sich auf die Bevorratung solcher Domains spezialisiert haben, empfiehlt es sich, diese mit einer entsprechenden Marke zu stärken. Soweit es sich indes um Markenentwickler handelt, die Marken für Unternehmen kreieren, dürfte die vorgenommene Abwägung nicht greifen, da Domainnamen gerade nicht zum Verkauf an Dritte, sondern zur Schaffung einer Marke für Kunden bevorratet werden.