Für viele Internet-Provider tritt im hart umkämpften Markt immer wieder die Problematik auf, dass eine ihrer Kunden zahlungsunfähig werden und im Anschluß daran ein Insolvenzverfahren durch gerichtlichen Beschluß eröffnet wird.

Für den Internet-Provider stellt sich hier die Frage nach der weiteren Verfahrensweise und nicht zuletzt nach der Rechtslage.
Grundsätzlich hat der Internet-Provider als Webhoster zumindest nach der Rechtsprechung des Landgerichts Hamburg ein Zurückbehaltungsrecht am Domain-namen. Es fragt sich allerdings, inwieweit ein solches Zurückbehaltungsrecht für die weitere Leistung des webhostings gegeben ist, wenn der Insolvenzverwalter auf Fortführung der Leistung besteht.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Insolvenzverwalter nach § 103 Insolvenzordnung bei gegenseitigen Verträgen ein Wahlrecht, ob der Verwalter die weitere Erfüllung durch den Internet-Provider ablehnt oder Erfüllung des Vertrages verlangt.

Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, so kann der Internet-Provider seine Forderung wegen Nichterfüllung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.
Besteht dagegen der Insolvenzverwalter auf Erfüllung des Vertrages, stellt sich die Frage, ob der Internet-Provider trotz des teilweise nicht unerheblichen Zahlungsrückstandes verpflichtet ist, eine Leistung zu erbringen. Diese Leistung beinhaltet regelmäßig das Zurverfügungstellen von Speicherplatz, Administrierungsarbeiten sowie vor allem das mit erheblichen Kosten verbundene Durchleiten von traffic.

Entscheidet sich der Insolvenzverwalter dafür, Erfüllung dieses Vertrages zu verlangen, so hat der Insolvenzverwalter den Vertrag grundsätzlich genauso zu erfüllen, wie das eigentlich der Schuldner tun müßte. Dies bedeutet, dass ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung der Internet-Provider seine Leistung auf vertraglicher Grundlage in Rechnung stellen kann und der Insolvenzverwalter diese Rechnung auszugleichen hat.
Dementgegen werden die bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelaufenen Rechnungen nur in der Form berücksichtigt, dass der Internet-Provider diesbezüglich Insolvenzgläubiger ist. Daraus ergibt sich die Konsequenz der ggf. nur anteilsmäßigen Befriedigung aus der Insolvenzmasse.

Weiterhin wird sich der Internet-Provider die Frage stellen, ob er berechtigt ist, das Vertragsverhältnis zu kündigen.
Nach § 112 Insolvenzordnung unterliegt ein Miet- oder Pachtverhältnis, das der Schuldner als Mieter eingegangen war, einer Kündigungssperre, soweit die Kündigung wegen Verzugs mit der Entrichtung des Mietzinses in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag oder wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse erfolgen soll.
Demgegenüber ist die Kündigung eines Dienstverhältnisses nach § 113 Insolvenzordnung zulässig, wenn der Schuldner der Dienstberechtigte ist. Hier kann sowohl der Insolvenzverwalter als auch der Dienstverpflichtete ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung kündigen.

Fraglich ist im vorliegenden Fall demgemäß, ob es sich bei dem Webhosting-Vertrag um einen Mietvertrag i.S.d. § 112 Insolvenzordnung oder einen Dienstverhältnis i.S.d. § 113 Insolvenzordnung handelt.

Die Einordnung von Provider- bzw. Webhosting- Verträgen ist umstritten und Einigkeit besteht lediglich darüber, dass es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt. Ohne auf die einzelnen Argumente einzugehen, wird von den meisten Autoren vertreten, dass der Provider-Vertrag als Miet- bzw. Pachtvertrag über Speicher – und Leistungskapazitäten mit dienst- bzw. werkvertraglichen Elementen einzuordnen ist.

Daneben wird noch vertreten, dass es sich eher um einen Verwahrungsvertrag handele oder mangels Gebrauchsüberlassung des Rechners zumindest mietrechtliche Regelungen der Minderung anwendbar seien.
Schließlich wird auch vertreten, dass es sich um Dienstverträge mit Geschäftsbesorgungscharakter handele. Auch wurde der Provider-Vertrag schon als Werkvertrag qualifiziert.

Nach diesseitiger Auffassung handelt es sich bei Webhosting-Verträgen um einen Mietvertrag mit werk- und dienstvertraglichen Elementen, insbes. dann, wenn der Provider sich verpflichtet hat, Webspace zum Abruf durch Dritte zur Verfügung zu stellen. Diese Einordnung kommt der Verpflichtung des Internet-Providers am nächsten, da der Content-Provider jederzeit Zugriffsmöglichkeit auf sein Internet angebot haben muß und die “virtuelle” Zurverfügungstellung des Servers mit der Zurverfügungstellung eines Geschäftsraums bzw. eines Schaufensters vergleichbar ist.

Vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks des § 112, nämlich durch Weiterbestehen des Miet- bzw. Pachtverhältnisses, einen Geschäftsbetrieb noch aufrechtzuerhalten, erscheint aus insolvenzrechtlicher Sicht auch sachgerecht, webhosting-Verträge als Mietverträge i.S.d. 112 I zu erörtern.

Demzufolge können Webhosting-Verträge nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen der vorbeschriebenen Gründe nicht gekündigt werden.