Focus-Online meldete am 14.05.2000, dass der CSU-Medienexperte Söder vorschlug, Domainadressen für das Internet durch eine staatliche Behörde vergeben zu lassen.

Nach dieser Vorstellung solle das Europäische Patentamt “abschließend die Rechtslage überprüfen”, um spätere Streitigkeiten vor Gericht zu verhindern.

In Unkenntnis des konkreten Wortlautes eines angekündigten Gesetzesentwurfes erscheint hier jedoch eine praxisgerechte Umsetzung zweifelhaft. Markenverfahren beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) dauern bei der „Computerklasse” 9 und „Internetklasse” 42 regelmäßig zwischen sechs und zwölf Monaten. Nach diesseitiger Einschätzung dürfte beim Europäischen Patentamt angesichts der Flut von Domainanmeldungen und damit erforderlichen Kollisionsprüfungen für die vorgenannten Klassen mindestens mit vergleichbar langwierigen Verfahrensdauern zu rechnen sein. Im April diesen Jahres wurde die zweimillionste Top-Level-Domain mit der Endung .de beim DENIC registriert, so dass höchst fraglich erscheinen muss, wie die Rechtslage durch das Patentamt angesichts dieser Mengen “abschließend” geprüft werden soll.

Zum einen weiß man, dass das DPMA auch in Markensachen nicht unfehlbar ist, so dass durch eine entsprechende Prüfung nicht auszuschließen ist, dass spätere Streitigkeiten vor Gericht ausgetragen werde.

Zum anderen fragt sich, wie eine “abschließende Prüfung der Rechtslage” aussehen soll. Üblicherweise erfolgt eine vergleichbare Prüfung in Markensachen so, dass für die begehrte Zeichenfolge eine Markenrecherche mit entsprechenden Platzhaltern im Präfix und Suffix durchgeführt wird und im Rahmen einer gutachterlichen Bewertung zu klären ist, inwieweit bei ähnlichen Zeichenfolgen Verwechslungsgefahr besteht. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass dieses Verfahren relativ aufwendig ist, so dass nicht recht verständlich ist, wie die “abschließende Prüfung “ aussehen soll.

Ebenfalls zu hinterfragen ist die Konsequenz einer Prüfung durch das Amt, d.h., welche Rechtsnatur oder -folge eine “Eintragung” als Domain auslöst. Soll eine Domain dem Schutz einer Marke gleichgestellt werden oder welches Recht soll stärker sein. Ebenfalls fragt sich, welche Folge eine “amtlich geprüfte” Domain auslöst, die sich im nachhinein nicht als gerichtsfest herausstellt, der Inhaber aber bereits erhebliche Investitionen vorgenommen hat. Greift hier ein Amtshaftungsanspruch?

Vorgenannte Probleme skizzieren nur oberflächlich die strukturell tiefgehenden Problematiken, so dass nach der hier vertretenden Ansicht entweder an dem gegenwärtigen Zustand der Regulierung durch die private DENIC e.G. festgehalten werden sollte. Immerhin reguliert sich der “Markt” inzwischen weitgehend selbständig. Die Rechtsprechung ist soweit, dass Markeninhabern die Möglichkeit eröffnet ist, kurzfristig per einstweiliger Verfügung die Herausgabe ihrer Domain zu erlangen.

Wenn regulierend in den gegenwärtigen Zustand eingegriffen werden sollte, wäre zu überlegen, ob es nicht sinnvoller erscheint im Wege einer “Dispute-Policy” Streitigkeiten zu regeln. Nach der seit 1.12.1999 gültigen Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (UDRP), die zusammen mit Networksolutions (NSI), der Verwalterin der .com-Domains und der amerikanischen Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) entwickelt wurde, werden bei Kollisionsfällen zwischen einer eingetragenen Bundesmarke mit einem Domainnamen unter bestimmten Voraussetzungen Regelungen getroffenen, die bis zur außergerichtlichen Streitbeilegung oder dem Abschluß eines Gerichtsverfahrens zur vorläufigen Aussetzung der Registrierung führen können. Insoweit handelt es sich um eine Online-Schiedsgerichtsbarkeit zu Fragen des Online-Rechtes. Zu prüfen wäre daher vor der Regelung durch ein Gesetz, ob nicht im Wege einer solchen schiedsgerichtlichen Lösung kritischen Sachverhalten besser beigekommen werden kann.

Unbeschadet der Frage, inwieweit eine Übertragung der Domainverwaltung auf den Staat überhaupt rechtlich zulässig wäre, besteht bei der eben vorgestellten Regelung der Vorteil, dass nicht in langwierigen Verfahren zunächst die Zulässigkeit einer Domain geprüft wird, was für Innovationen als hemmend zu bewerten ist, sondern mit einer festen Verfahrensordnung ein flexibles Instrument an die Hand gegeben wird, um krassen Mißbrauchsfällen sofort Herr zu werden.

Vor diesem Hintergrund muss das Vorschalten einer Behörde als  Investitionshemmnis und Nachteil gesehen werden, da – vergleichbar mit Markenangelegenheiten – über lange Prüfungszeiträume angesichts der großen Zahl von Domain-names zu erwarten ist.

Soll ein Start-Up- Unternehmen, das gerade mit einer Idee an den Markt gehen möchte, neun bis zwölf Monate warten, bis eine Behörde die gewünschte Domain “zuteilt”? Wer die Geschichte des Online-Auktionshauses alando.de / ebay.de kennt, weiß, dass in wenigen Monaten eine große und erfolgreiche Auktionsplattform geschaffen wurde. Mit den hier angestrebten gesetzlichen Hemmnissen sei die provokante These aufgestellt, dass alando.de heute vielleicht noch nicht am Markt wäre.

Zusammenfassend erscheint die vorgeschlagene staatliche Regelung nicht geeignet, eine praxisnahe Lösung für Domain-Streitigkeiten zu liefern. Wenn überhaupt, sollen Verfahren installiert werden, die im Falle  eines offensichtlichen Mißbrauches zu einem schnellen Erfolg für den Markeninhaber führen. Insoweit bedarf es aus diesseitiger Sicht jedoch keiner Regelung, da die Rechtsprechung hier inzwischen weitgehende Möglichkeiten bietet.