Nach der Grundsatzentscheidung des BGH am 17.5.2001 schien der Problemkreis von Gattungsdomains weitgehend gelöst. Die am Folgetag herausgegebene Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes (Nr. 42/2001), in der eine Zusammenfassung der tragenden Gründe gegeben wurde, ließ indes (vorläufig) Raum zur Auslegung der Entscheidung. Die interpretationsfähige Feststellung der Pressemitteilung bestand darin, dass die Zurückverweisung an das Hanseatische Oberlandesgericht deshalb erfolge, weil der Kläger beanstandet hatte, dass die Verbraucher durch die Internet-Adresse des Beklagten irregeführt würden, weil der Eindruck entstehe, es handele sich beim Beklagten um den einzigen oder doch um den maßgeblichen Verband von Mitwohnzentralen. Das OLG müsse nun diesem Vorwurf der unzutreffenden Alleinstellungsbehauptung nachgehen.

Auf dieser (nur denkbaren) Irreführungsgefahr aufbauend unternahmen es nun Mitbewerber oder Interessenverbände verschiedener Sparten, einzelne Domaininhaber trotz der Entscheidung des BGH auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen und dies mit einer Irreführungsgefahr nach § 3 UWG zu begründen.

Die nun veröffentlichten Entscheidungsgründe zeigen jedoch bei genauer Analyse, dass der BGH sehr deutlich und weitreichend die Verwendung von Gattungsbegriffen als Domains für zulässig erachtet und eine Irrführung auf einen ganz engen Anwendungskreis beschränkt.

Zu Recht erkannte der Bundesgerichtshof, dass ein Behinderungswettbewerb nach § 1 UWG nicht festzustellen ist, da neben der dem Wettbewerb eigenen Beeinträchtigung des Mitbewerbers ein weiteres Merkmal erforderlich ist, wonach gezielt der Zweck verfolgt wird, den Mitbewerber an seiner Entfaltung zu hindern und ihn dadurch zu verdrängen. Richtigerweise wurde eine solche Zweckrichtung nicht festgestellt, da das beanstandete Verhalten allein auf den eigenen Vorteil gerichtet ist, ohne diesen Vorteil in unlauterer Weise auszunutzen. Einer diesbezüglichen Kanalisierung durch Eingabe eines beschreibenden Begriffs aus Bequemlichkeit wurde keine grundsätzliche Rechtswidrigkeit beigemessen. Das Gericht unterstellte unter Zugrundelegung des Leitbildes eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers, der das fragliche Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt (BGH-WRP 2000, S. 517), die Nachteile einer Suche über eine beschreibende Domain als bekannt. Ein Nutzer sei sich darüber bewusst, dass es auf Zufälle ankommen kann (etwa auf die Schreibweise mit oder ohne Bindestrich oder Unterstreichungsstrich), ob er auf diese Weise das gesuchte Angebot findet.

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang war die ausdrückliche Klarstellung des Gerichts zur Zulässigkeit für sehr weitreichende Gattungsbegriffe:
"Lädt der fragliche Gattungsbegriff (wie […] "www.rechtsanwaelte.de", "www.autovermietung.com" oder "www.sauna.de") ferner nicht zur Annahme einer Alleinstellung des auf diese Weise gefundenen Anbieters ein, erkennt der Internet-Nutzer auch, daß er mit dieser Suchmethode kein vollständiges Bild des Internet-Angebots erhält. Verzichtet er aus Bequemlichkeit auf eine weitere Suche, liegt darin keine unsachliche Beeinflussung".

Insoweit folgt das erkennende Gericht auch der vom Verfasser vertretenen Ansicht, die auf den Inhalt einer Seite und nicht auf die Domain selbst zur Bewertung einer Irreführung abstellt.

Besteht demgegenüber die Gefahr, dass ein Nutzer den verwandten Begriff einem einzigen Anbieter oder einem Zusammenschluss von Anbietern, beispielsweise in Verbänden, zuordnet, so wäre im Streitfall eine Irreführung nach § 3 UWG zu klären.

Es lässt sich demzufolge als Faustformel zusammenfassen, dass je allgemeiner ein Begriff sich darstellt und daraus folgend der verständige Nutzer erkennen kann, dass es sich bei einem einzelnen Anbieter nicht um den einzigen seiner Art handelt – beispielsweise "rechtsanwalt.de" – desto mehr eine Irreführungsgefahr nach § 3 UWG auszuschließen ist. Sollte dagegen aufgrund des gewählten Begriffes eine solche Irreführungsgefahr im konkreten Einzelfall festzustellen sein, so hat auch hier das Gericht klargestellt, dass eine Unterlassung nicht verlangt, sondern der Gefahr einer Irreführung auch dadurch entgegengewirkt werden kann, dass auf der Homepage ein entsprechender Hinweis auf die Existenz andere Mitbewerber – nicht aber auf die Mitbewerber selbst – aufgenommen wird.

Meist wird jedoch der verständige Verbraucher Kenntnis davon haben, dass es sich bei dem Anbieter hinter dem entsprechenden Gattungsbegriff nicht um den einzigen Anbieter der Branche handelt, so dass grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass eine Irreführungsgefahr nicht bestehen dürfte. In Ausnahmefällen mag ein Hinweis anzubringen sein.

Angesichts der Feststellung des BGH, dass Mitbewerbern nicht mehr ein Unterlassen fordern können, erscheint ein Rechtsstreit mit dem Ziel, den Mitwerber zu einen Hinweis auf der Homepage zu zwingen, wonach es noch andere in dem jeweiligen Bereich tätige Anbieter außer ihm gäbe, wenig wahrscheinlich. Dies umso mehr, als die Wertungsfrage der diesbezüglichen Erkennbarkeit für klagende Mitbewerber ein ganz erhebliches Risiko birgt, dem ein nennenswerter Vorteil nicht gegenübersteht, da eine unmittelbare Nennung ohnehin nicht verlangt werden kann.

Mit dieser richtungsweisenden Entscheidung hat das höchste deutsche Zivilgericht die entsprechende Investitionssicherheit geschaffen, um Unternehmen, die im Vertrauen auf das Fehlen eines Registrierungsverbots derartige generischer Begriffe registriert und daran anknüpfend entsprechende Aufwendungen getätigt haben, nicht zu gefährden.

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