Internet World Business, 16/07, S. 7

Der Bundesgerichtshof entschied jüngst, dass auch ein Unternehmen mit Firmensitz im Ausland in Deutschland verklagt werden kann, wenn der bloße Anschein einer unselbstständigen Zweigniederlassung in Deutschland besteht (Az.: III ZR 315/06).

Ohne die Rechtsform der englischen Limited pauschal herabsetzen zu wollen, zeigen Fälle aus der Praxis, dass durch diese Rechtsform, aber auch durch die Verlagerung der (offiziellen) Niederlassung ins Ausland teilweise versucht wird, sich dem Zugriff der deutschen Gerichtsbarkeit zu entziehen.

In der Praxis besteht das Problem darin, dass Klagen in der Regel am Sitz des Unternehmens, mithin in Großbritannien, einzureichen sind, wenn die Limited weder eine Zweigniederlassung in Deutschland unterhält noch ausnahmsweise ein anderer Gerichtsstand gegeben ist (z.B. durch Vereinbarung oder bei Verbrauchersachen), sodass eine Durchsetzung von Forderungen gegen eine Limited aufgrund des unterschiedlichen Prozessrechts sowie der zusätzlichen Anwaltsgebühren eines Korrespondenzanwalts vor Ort kostenmäßig häufig wenig Sinn macht.

Bei hohen Forderungen muss gleichzeitig berücksichtigt werden, dass der vollstreckbare Titel, wenn er denn durch die Verordnung über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedsstaaten (EuZVO) wirksam zugestellt wurde, aufgrund des geringen Haftungskapitals der Ltd. oft nur bedingt zur Erfüllung der Forderung beiträgt.

Die BGH-Richter stellten nunmehr fest, „dass auch der bloße Anschein einer unselbständigen Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ begründen kann“. Diese Entscheidung bedeutet für die Rechtspraxis eine erhebliche Vereinfachung und Reduzierung des Kostenrisikos. Allerdings dürfe das Vollstreckungsergebnis im Hinblick auf die Mindeststammeinlage von nur einem Pfund Sterling (ca. 1,60 Euro) noch immer fraglich sein.

Für wen lohnt sich eine Limited?

Wer eine Limited gründen möchte, muss berücksichtigen, dass aufgrund dieses vergleichsweise neuen Instruments eine Vielzahl von Rechtsfragen ungeklärt ist. Mit der Gründung der Limited nach britischem Recht haftet deren Geschäftsführer auch nach britischem Gesellschaftsrecht. Ungeklärt ist insbesondere, ob und unter welchen Voraussetzungen hier eine persönliche Durchgriffshaftung gegen den jeweiligen Geschäftsführer persönlich durchsetzbar ist.

Wird eine Limited zur Durchführung betrügerischer oder sonstiger rechtsmissbräuchlicher Tätigkeiten gegründet, besteht die angesprochene persönliche Haftung des Geschäftsführers. Wer dagegen den Vorteil einer schnellen und kostengünstigen Limited-Gründung für ein seriöses Geschäft in Anspruch nehmen möchte, muss dabei berücksichtigen, dass Geschäftspartner in Kenntnis dieser Haftungsbesonderheiten entsprechende persönliche Sicherheiten, wie persönliche Bürgschaften oder Vorauszahlung, fordern werden, sodass der eigentliche Vorteil gegenstandslos wird. Hinzu kommt, dass verschiedene Anforderungen an eine Limited gestellt werden, insbesondere jährlich ein Bericht der Direktoren, eine Bilanz, eine Gewinn- und Verlustrechnung und ein Testat des Abschlussprüfers, deren Verletzung vom britischen Gesellschaftsregister streng geahndet wird.

Fazit

Wer eine Limited gründen möchte, sollte die Vorteile einer schnellen und kostengünstigen Prüfung den Risiken und auch faktischen Zwängen im geschäftlichen Bereich gegenüberstellen. Gleichzeitig sollte jeder, der Geschäfte mit einer Limited macht, Sicherheiten fordern. Wer meint sich durch eine Limited der deutschen Justiz und der Haftung für grob rechtswidrige Verstöße entziehen zu können, muss schließlich die dargestellte Entscheidung des BGH unabhängig davon berücksichtigen, dass ihn in diesem Falle ohnehin auch das deutsche Strafrecht treffen kann.