Internet World Business 20-2006, Seite 10

Das Geschäftsmodell klingt spannend, die Technik dahinter wirkt kühn: Verschiedene Unternehmen im Netz bieten sogenannte „Personal Video Recorder“ (PVR) an. Sie arbeiten im Prinzip wie ein Videorekorder zu Hause im TV-Rack: Der Nutzer gibt ein, welche Sendung auf welchem Kanal er sehen möchte und kurze Zeit nach der Ausstrahlung kann er das gewünschte Programm auf seinem PC als Video-Stream anschauen. Einen angenehmen Nebeneffekt hat die Sache auch: Lästige Werbeblöcke lassen sich elegant überspringen.

Man kann davon ausgehen, dass es vor allem diese Möglichkeit ist, die den privaten, auf Werbeeeinahmen angewiesenen TV-Sendern ein Dorn im Auge ist. In der Vergangenheit hatten beispielsweise Anbieter von Decodern, die Werbeblöcke erkennen, heftigen juristischen Gegenwind von den TV-Stationen zu spüren bekommen.

Jetzt hatte das OLG Köln zu entscheiden, ob ein Anbieter, der es Nutzern ermöglicht, in Deutschland ausgestrahlte Sendungen auf dem Server des Anbieters mit einem PVR individuell zu speichern, Urheberrechte eines TV-Senders verletzt. Die Richter des 6. Zivilsenats befanden, dass ein solches Angebot, soweit es gegen Entgelt zur Verfügung gestellt wird, die geschützten Rechte der Antragstellerin als Sendeunternehmen verletzt. Soweit indes die Übermittlung unentgeltlich erfolge, sei dies vom Recht der Privatkopie nach § 53 Urhebergesetz gedeckt (Az.: 6 U 90/05).

Urteilsanalyse

Zunächst stand im Streit, ob es sich überhaupt um eine Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG handelt. Das Gericht bejahte dies, da sich der Anbieter mit dem Angebot an die „Öffentlichkeit“ wende und die gespeicherten Sendungen Kunden an „Orten ihrer Wahl“ – das heißt deren PC – „zu Zeiten ihrer Wahl“ zugänglich mache. Durch diesen interaktiven Abruf sei das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung tangiert. Zudem sahen die Richter das Vervielfältigungsrecht des Senders als verwirklicht an.

In einem weiteren Schritt prüfte das OLG die Frage der Zulässigkeit als Privatkopie, da es sich um die auftragsgemäße Übermittlung einer im Sinne des § 53 UrhG rechtmäßig hergestellten Kopie handle. Die Richter stellten dazu fest, dass das Herstellen einer Kopie durch einen Dritten jedenfalls nach Maßgabe von § 53 Abs. 1 S. 2 UrhG dann zulässig sei, wenn dies unentgeltlich erfolge. Soweit dagegen eine solche Vervielfältigung gegen Entgelt angeboten wird, greife nicht mehr das Privileg der Privatkopie, da der Dritte dann als entgeltlicher Hersteller die Schutzrechte des Sendeunternehmens verletze.

Der Preis ist der Knackpunkt

Bei oberflächlicher Betrachtung lässt sich argumentieren, dass es keinen Unterschied machen könne, ob der Nutzer eine Sendung unmittelbar auf seinem eigenen PC als Privatkopie aufzeichnet oder er sich diesbezüglich im Rahmen eines „persönlichen Outsourcing“ der Systeme eines Dritten bedient. Zu berücksichtigen ist, dass das Urheberrecht sehr formelle Tatbestände für verschiedene Fallkonstellationen aufweist, sodass jeder, der sich – in welcher Form auch immer – für seine Leistung Werke Dritter bedienen möchte, ganz genau die rechtliche Situation prüfen sollte.

Aus dem Urteil folgt selbstverständlich auch, dass die Nutzung von Fernseh- und Rundfunkinhalten im Internet durch Abruf grundsätzlich in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung der Sendeunternehmen und das Vervielfältigungsrecht eingreift und somit grundsätzlich immer einer Einwilligung, das bedeutet einer vorherigen Zustimmung, bedarf. Ansonsten bestehen nicht nur Ansprüche auf Unterlassung, sondern auch auf Schadenersatz.

Praxistipp

Für die Praxis sollte aus dem Urteil des OLG Köln mitgenommen werden, dass jeder Unternehmer, der neue und innovative Geschäftsmodelle verwirklichen möchte, sich zuvor über die rechtliche Situation informieren sollte. Außerdem muss er sich darüber im Klaren sein, dass damit gewisse Risiken verbunden sein können, solange eine entsprechende höchstrichterliche Rechtssprechung fehlt.´