Internet World Business, 12/06, S. 10

Gericht stützt Urteil gegen Spammer auf technisches Gutachten Leugnen hilft nicht, wenn illegale Aktionen im Netz Spuren hinterlassen haben Dreistigkeit ist ein Wesenszug, der auf viele Spam-Versender zuzutreffen scheint. Wurde früher argumentiert, es sei doch nicht verboten, Mails zu versenden, bestreiten ertappte Spammer mittlerweile einfach ihre Urheberschaft, doch nicht immer mit Erfolg.

Das Urteil

Das Landgericht Hannover verurteilte einen Spammer wegen der Versendung unaufgeforderter Werbe-Mails nach § 7 und 8 UWG und damit aufgrund einer entsprechenden Wettbewerbsverletzung (Az.: 21 O 153/04). Neu an der Entscheidung, die im Wesentlichen auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens erging, ist, dass der Spammer infolge seiner IP-Adresse überführt wurde. Der Beklagte leugnete nämlich, die unaufgeforderten Werbe-E-Mails selbst versendet zu haben. Im vorliegenden Fall wurde aber auf eine der Werbe-E-Mails eine Anfrage zu Details der beworbenen Aktion gestellt, die eine knappe Stunde später bereits beantwortet wurde. Da sowohl die Werbe-E-Mail als auch die Antwort-E-Mail nachweislich von derselben IP-Adresse versendet wurden, sah das Landgericht Hannover die Versendung durch den Beklagten als erwiesen an.

Praxistipp

Wie in diversen Beiträgen dargestellt, ist unaufgeforderte E-Mail-Werbung unzulässig und als unzumutbare Belästigung wettbewerbswidrig. Hierbei bestehen nicht nur Ansprüche des Adressaten, sondern die regelmäßig kostenintensiveren Ansprüche von Mitbewerbern. Das Urteil zeigt, dass zumindest in Fällen, in denen der Versender über eine IP-Adresse festgestellt werden kann, ein Verweis auf den „großen unbekannten Spammer“ nicht mehr weiterhilft. Ein etwaiges Eindringen eines Dritten, der über einen unberechtigten Zugriff auf den Mailserver Spam versendet, müsste stattdessen detailliert bewiesen und dargelegt werden. Eine reine Vermutung reicht nicht aus.

Bislang ungeklärt ist indes, inwieweit der Netzwerkinhaber dann bei mangelnden Sicherheitsvorkehrungen von einer Haftung entbunden werden kann oder als Mitstörer haftet. Dies dürfte im konkreten Einzelfall wohl von dem Grad der Sicherungsmaßnahmen abhängen, insbesondere davon, ob mangelnde IT-Security zum Versenden über offene SMTP-Relays geradezu eingeladen hat oder sich der Eindringling eine nicht ohne weiteres ersichtliche Lücke zunutze gemacht hat. Inzwischen ein „Klassiker“ ist die Versendung von „Drive-by-Spam“, bei dem ein Spammer sich ein ungesichertes WLAN und im dortigen LAN ein offenes SMTP-Relay sucht, um Spam-Mails zu versenden. Immer wird die IP-Adresse des WLAN-Inhabers auftauchen, sodass bei Unterlassen der Mindestanforderungen an die IT-Security auch dessen fahrlässige (Mit-)Haftung denkbar ist.

Zu beachten ist schließlich auch, dass bei einer Verteidigung vorsätzlich falsche Behauptungen in Prozessen oder sogar bereits Angaben aufs Geratewohl den Tatbestand des – versuchten – Prozessbetrugs erfüllen können. Wenn eidesstattliche Versicherungen im Rahmen von einstweiligen Verfügungsverfahren falsch abgegeben werden, führt dies zu einer entsprechenden Strafbarkeit.

Jeder Spam-Versender sollte also das Risiko etwaigen Chancen einer solchen E-Mail-Aktion gegenüberstellen und in jedem Falle sein Tun zu Ende denken. In manchen Fällen verstrickt sich nämlich ein Beklagter immer tiefer in Probleme.