Internetworld 08/03, S. 19

Im Rahmen der Klage eines Geschäftsführers gegen seine Kündigung hatte das Landgericht Nürnberg-Fürth (Urteil vom 03.04.2002, Az.2 HKO 9434/01) insbesondere die Frage zu entscheiden, wann eine E-Mail zugegangen ist. In Betracht kamen für den Zugang entweder bereits die Mailbox oder aber erst nach Abruf durch den Client der PC des Geschäftsführers. Die Frage des Zugangs war entscheidend für den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung, da der Geschäftsführer sich in Urlaub befand.

 Urteilsgründe:

Verkürzt dargestellt entschied das Gericht für die Frage des Kündigungszugangs, dass derjenige der im Geschäftsverkehr unter Verwendung einer „Internet-Adresse“ auftrete, den Zugang einer E-Mail bereits dann gegen sich wirken lassen muss, wenn sich eine E-Mail in seiner Mailbox befindet. Wegen der Schnelligkeit der E-Mail-Übermittlung gilt der Zugang während der Geschäftszeiten am Tag des Eingangs als erfolgt.

Durch rechtzeitigen Zugang war die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages rechtzeitig und daher die Klage gegen eine ordentlichen Kündigung ohne Erfolg.

Urteilsanalyse:

Das Gericht setzte zutreffend die in der juristischen Literatur ganz herrschende Meinung in seinem Urteil um. In konsequenter Anwendung der Grundsätze aus der nicht-virtuellen Welt, bei der einen Brief auch bereits im Briefkasten und nicht erst bei dessen Öffnung zugeht, befand das Landgericht den Zugang der E-Mail als am selben Tage zugegangen. Mit Eingang der Erklärung in die Mailbox des Empfängers „geht das Verlust- und Verzögerungsrisiko auf diesen über (…), wenn Störungen in seinem Machtbereich eintreten, beispielsweise der unterlassene Abruf seiner Mailbox“.

Diese auf den ersten Blick vielleicht überspannt wirkenden Anforderungen entsprechen aber spiegelbildlich den übliche Pflichten im Geschäftsverkehr bei körperlicher Post. Jeder, insbesondere im geschäftlichen Verkehr, hat sich um die Funktionsfähigkeit seines Posteingangs mit der entsprechenden Sorgfalt zu kümmern.

Praxistipp:

Für den geschäftlichen Verkehr bedeutet das Urteil, dass derjenige, der im geschäftlichen Verkehr seine E-Mailadresse angibt, seine Mailbox regelmäßig zu leeren hat, da ansonsten die Gefahr besteht, Fristen zu versäumen.

Unabhängig davon sei ergänzt, dass durch das Formvorschriftenanpassungsgesetz zwar die so genannte gewillkürte Schriftform in § 127 BGB erleichtert wurde. Darauf hinzuweisen ist indes, dass für verschiedene Erklärung, die der gesetzlichen Schriftform bedürfen, E-Mail nicht ausreicht. Beispielsweise ist daher die Kündigung eines Arbeitsvertrages gem. 623 BGB (≠ Geschäftsführervertrag) oder ein Schuldversprechen gem. § 780 BGB in elektronischer Form formunwirksam.

Da der Absender ohnehin den Zugangsbeweis zu führen hat, ist wegen des Risikos eines entsprechenden Bestreitens durch den Adressaten bei wichtigen Erklärungen noch immer der postalische Weg (Einschreiben/Rückschein) zu empfehlen, solange nicht ein elektronischer Zeitstempel mit einer entsprechenden digitalen Signatur den Zugang faktisch unwiderlegbar bestätigt.

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